16. Mai, 2025

Politik

Pfizergate – Wie eine SMS Ursula von der Leyen gefährlich werden könnte

Geheime Textnachrichten mit dem Pfizer-Chef rücken erneut in den Fokus: Ein EU-Gericht prüft, ob die Kommissionspräsidentin gegen Transparenzregeln verstoßen hat – und riskiert dabei mehr als nur politische Schrammen.

Pfizergate – Wie eine SMS Ursula von der Leyen gefährlich werden könnte
Während der Pandemie verhandelte von der Leyen persönlich per SMS mit Pfizer-Chef Albert Bourla über einen Impfstoffdeal in Höhe von bis zu 35 Milliarden Euro – ohne offizielle Protokollierung.

Es geht nicht nur um SMS. Es geht um Macht, Milliarden – und das Vertrauen in die EU. Ein vertraulicher Nachrichtenaustausch zwischen Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Pfizer-CEO Albert Bourla während der Corona-Pandemie ist zum juristischen und politischen Dauerbrenner geworden.

Nun entscheidet das Gericht der Europäischen Union, ob diese SMS veröffentlicht werden müssen – und ob die Weigerung der Kommission gegen europäisches Recht verstößt.

Im Zentrum: eine Nachricht, die von der Leyen nie öffentlich gemacht hat. Und ein Impfstoffdeal über 1,8 Milliarden Dosen – der größte, den die EU je unterzeichnete.

Verhandlungen per Direktnachricht – eine neue Form der Diplomatie?

Im Frühjahr 2021 verhandelte von der Leyen persönlich mit Bourla. Nicht über offizielle Kanäle, sondern per Textnachricht. Kurz darauf wurde ein Vertrag abgeschlossen, der Pfizer/Biontech weitere 900 Millionen Impfdosen garantierte – plus Option auf 900 Millionen weitere.

Es war eine Entscheidung inmitten der Pandemie. Aber auch eine Entscheidung mit weitreichenden Folgen. Und mit hoher politischer Sprengkraft: Denn weder der genaue Verlauf noch der Inhalt der Kommunikation wurde je öffentlich gemacht.

Der Pfizer-Vertrag über bis zu 1,8 Milliarden Impfdosen wurde ohne vollständige parlamentarische Kontrolle abgeschlossen – der genaue Inhalt der Verhandlungen bleibt bis heute unter Verschluss.

Transparenz, bitte – oder doch nicht?

Die EU-Kommission weigert sich bis heute, die Nachrichten zu veröffentlichen. Begründung: SMS seien keine offiziellen Dokumente. Doch genau das ist der Streitpunkt.

Denn laut EU-Recht sind „Dokumente“ alle Informationen, die im Besitz einer EU-Institution sind und deren Inhalt sich auf politische Entscheidungsprozesse bezieht.

Dass ausgerechnet von der Leyen, die als oberste Hüterin der EU-Verträge gilt, diese Transparenzregel nun dehnt, sorgt für Unverständnis – auch innerhalb der EU-Institutionen.

Gericht macht Druck – und verliert die Geduld

Bei der Anhörung in Luxemburg geriet die Kommission ins Schlingern. Erst wurde die Existenz der Nachrichten lange bestritten – dann kleinlaut eingeräumt. Der Verlauf wirkte ausweichend, die Begründungen unpräzise.

Richter sprachen von einem „verwirrenden Dossier“ und kritisierten die „fehlende Sorgfalt“ der Kommission.

Ein zentraler Punkt: Die Kommission kann nicht schlüssig darlegen, ob und wo sie nach den Nachrichten gesucht hat. Auch der Verbleib des Geräts, mit dem von der Leyen kommunizierte, ist ungeklärt.

„Wir wissen nicht, ob es sich um ein Telefon, einen Laptop oder einen Signal-Zugang handelte“, sagte die Klägeranwältin Bondine Kloostra – und nannte das Verhalten der Kommission „enttäuschend unvorbereitet“.

Pfizergate – ein Fall mit politischem Echo

Was als juristische Debatte über die Definition eines „Dokuments“ begann, ist längst ein Testfall für politische Integrität. Kritiker werfen von der Leyen vor, ausgerechnet in einer Zeit größter Unsicherheit hinter verschlossenen Türen Milliardenverträge abgeschlossen zu haben – ohne jede parlamentarische Kontrolle.

Emily O’Reilly, Europäische Bürgerbeauftragte, nennt den Fall einen „Weckruf“:

„Die Transparenz ist unter dieser Kommission nicht besser geworden – im Gegenteil.“

Auch Transparency International sieht die institutionelle Glaubwürdigkeit beschädigt.

Eine Präsidentin im Zwielicht

Die Causa belastet nicht nur von der Leyens Bilanz – sie wirft Fragen über ihre zweite Amtszeit auf. Dabei hatte sie erst im Dezember angekündigt, die EU „effizienter, transparenter und integrer“ zu machen. Dass nun ausgerechnet sie selbst im Zentrum eines Intransparenzverfahrens steht, wirkt wie politische Ironie.

Die Grünen-Abgeordnete Tilly Metz fragt offen, warum von der Leyen schweigt. „Wer nichts zu verbergen hat, kann offenlegen.“ Der Vorwurf: politische Abschottung – und eine zu große Nähe zur Industrie, die nicht dokumentiert werden soll.

Ermittlungen laufen – auch strafrechtlich

Noch pikanter: Die Europäische Staatsanwaltschaft hat längst ein Verfahren eingeleitet. Es geht um mögliche Finanzdelikte im Zusammenhang mit der Impfstoffbeschaffung.

Ob sich daraus ein strafrechtliches Problem entwickelt, ist offen – aber die bloße Tatsache, dass ermittelt wird, beschädigt die politische Autorität der Kommissionspräsidentin.

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