US-Zölle? Einfach eingepreist
Während viele europäische Industrieunternehmen unter den neuen US-Handelsbarrieren stöhnen, hat Electrolux im zweiten Quartal eine unerwartet robuste Antwort geliefert: höhere Preise.
Der schwedische Konzern, zu dem unter anderem AEG gehört, hat es geschafft, die zollbedingten Mehrkosten im Nordamerika-Geschäft komplett auszugleichen – und legt operativ sogar deutlich über Markterwartung zu.
Mit einem EBIT von 797 Millionen Schwedischen Kronen – umgerechnet rund 70,5 Millionen Euro – übertrifft Electrolux die Analystenschätzungen klar. Der Konsens hatte bei lediglich 710 Millionen Kronen gelegen. Besonders bemerkenswert: Das Nordamerikageschäft, zuletzt Sorgenkind der Bilanz, kehrte in die Gewinnzone zurück.
Erfolgsformel: Kosten hoch – Preise höher
Der Mechanismus ist simpel – aber nicht selbstverständlich: Anstatt die Zölle stillschweigend zu verkraften oder Marktanteile durch aggressive Preisaktionen zu verteidigen, setzte Electrolux auf gezielte Preiserhöhungen.
Offenbar erfolgreich. Vorstandschef Yannick Fierling bestätigte, dass der Konzern weiterhin auf dieses Instrument setzt, um externe Belastungen wie Zölle abzufedern.
Dabei profitiert Electrolux von zwei Faktoren: Erstens der relativ preiselastischen Nachfrage im Premiumsegment, das weniger stark auf Preiserhöhungen reagiert. Und zweitens der konsequenten Positionierung der Marken – insbesondere AEG – im mittleren bis oberen Marktbereich. Wer sich für eine Design-Waschmaschine für 1.200 Euro entscheidet, vergleicht selten mit dem Baumarktgerät aus Fernost.
Nordamerika: Comeback auf schwieriger Bühne
Dass ausgerechnet die USA zur Erholung beitragen, kommt für viele Marktbeobachter überraschend. Im April hatte das Management noch gewarnt, dass sich die Bedingungen im US-Markt weiter verschärfen würden – unter anderem wegen zunehmender Konkurrenz, schwächerer Nachfrage und besagter Importzölle.
Dass Electrolux hier nun wieder schwarze Zahlen schreibt, spricht für ein erfolgreiches Repricing – und für ein diszipliniertes Kostenmanagement.
Wie nachhaltig diese Entwicklung ist, bleibt allerdings offen. Denn der US-Markt bleibt politisch aufgeladen – und ein möglicher Wahlsieg Trumps im kommenden Jahr dürfte die handelspolitische Unsicherheit weiter befeuern.
Zölle als Realitätstest
Electrolux liefert mit seinen Zahlen auch ein Stück weit eine Antwort auf eine größere Frage: Wie krisenfest sind europäische Industrieunternehmen in einer zunehmend protektionistischen Weltordnung?
Die Schweden zeigen: Wer Marke hat, braucht weniger Rabatte. Wer gezielt Kosten weitergeben kann, bleibt handlungsfähig – auch bei widrigen Rahmenbedingungen.
Doch diese Lektion lässt sich nicht auf alle übertragen. Die Preissetzungsmacht ist kein Standardattribut, sondern hart erarbeitet – durch Vertrauen, Qualität, Innovationskraft. Und vor allem durch konsequente Markenführung über Jahre hinweg.
Preisdruck als Belastung – oder als Wettbewerbsvorteil
Electrolux hat in diesem Quartal geliefert. Und zwar dort, wo es zuletzt besonders eng war. Der Gewinn übertrifft die Erwartungen, die Strategie wirkt – und die Börse dürfte die operative Stärke honorieren. Doch der Rückenwind aus Preiserhöhungen kann nicht ewig tragen.
Langfristig entscheidet sich der Erfolg nicht daran, ob Zölle weitergegeben werden können – sondern ob ein Konzern in der Lage ist, mit smarter Logistik, Innovationskraft und markengetriebener Kundenbindung echte Resilienz aufzubauen. Electrolux ist auf einem guten Weg. Aber in einem Umfeld politisch motivierter Handelskonflikte bleibt jedes Quartal auch ein Stresstest.
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