Angebote gibt es – nur nicht dort, wo sie gebraucht werden
Tagespflege, Kurzzeitpflege, Verhinderungspflege: Auf dem Papier klingt das nach einem funktionierenden System. In der Realität sehen viele Angehörige davon wenig. "Das darf nicht nur auf dem Papier stehen", sagt Katrin Staffler (CSU), Pflegebevollmächtigte der Bundesregierung. Denn: Der Anspruch nütze nichts, wenn es das Angebot vor Ort nicht gibt.
Das Problem ist nicht neu. In vielen ländlichen Regionen fehlt es an Tagespflegeplätzen, Kurzzeitpflegeeinrichtungen oder einfach an flexiblen Lösungen für pflegende Familien. Die Folge: Angehörige machen weiter. Rund um die Uhr, oft ohne Pause. Weil niemand sonst da ist.
Kommunen planen zu kurz – und zu spät
Staffler fordert mehr Weitsicht. Die Kommunen müssten genauer hinschauen, wie sich der Pflegebedarf in den kommenden zehn bis fünfzehn Jahren entwickelt – und was dafür konkret gebaut, organisiert und finanziert werden muss. Klingt logisch. Wird aber selten gemacht.
Dabei liegt genau hier der Schlüssel. Wenn Pflegeangebote fehlen, landen Fälle schneller im Heim – mit hohen Kosten für Betroffene und Sozialkassen. Oder Angehörige stemmen alles allein, mit gesundheitlichen und beruflichen Folgen. Die Pflege zu Hause ist für viele nicht nur eine Frage der Liebe, sondern auch des Geldes. Und sie wird zur Belastung, wenn das System nicht mitzieht.

Pflegeheime werden unbezahlbar
Ein anderer Punkt, der Staffler Sorgen macht: die steigenden Eigenanteile in Pflegeheimen. „Hier haben wir die für die Bürger schulterbare Höhe überschritten“, sagt sie. Viele Familien merken das längst. Wer keinen Pflegeplatz in der Nähe findet oder auf Entlastung angewiesen ist, wird finanziell oft hart getroffen.
Die Politik hat Stellschrauben – nutzt sie aber kaum. Investitionskosten, die eigentlich von den Ländern getragen werden müssten, landen oft bei den Heimbewohnern. Auch Ausbildungskosten für Pflegekräfte werden über die Pflegeversicherung querfinanziert – zulasten der Beitragszahler.
Bessere Löhne sind richtig – aber sie dürfen nicht allein bezahlt werden
Dass Pflegekräfte inzwischen besser verdienen, begrüßt Staffler. "Das passiert inzwischen", sagt sie – und verweist darauf, dass das ein breiter Wunsch in der Gesellschaft gewesen sei. Dass damit aber auch höhere Pflegekosten einhergehen, sei eine logische Folge. Nur: Wer soll das bezahlen?
Eine faire Lastenverteilung sieht anders aus. Wenn Angehörige entlastet werden sollen, dann braucht es dafür mehr als warme Worte. Dann muss klar sein: Wer trägt welche Kosten? Wer ist wofür zuständig? Und was können Familien realistischerweise leisten – ohne selbst auszubrennen?
Ein System, das auf Kante läuft
Es ist bezeichnend, dass ausgerechnet die Pflegebevollmächtigte nun öffentlich Druck macht. Viel zu lange war Pflegepolitik ein Nebenschauplatz, irgendwo zwischen Sozialministerium und Haushaltsdebatte. Dabei geht es um Millionen Menschen – und um eine gesellschaftliche Realität, die sich nicht mehr wegdiskutieren lässt.
Die Pflege zu Hause ist kein Luxus, sondern ein Pfeiler des Systems. Doch dieser Pfeiler bröckelt. Wenn Angehörige weiter die Hauptlast tragen, ohne Entlastung, ohne bezahlbare Alternativen und ohne Planungssicherheit, dann wird die Pflegefrage zur sozialen Frage.
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