22. Juli, 2025

Unternehmen

Warum KNDS jetzt an seiner Eigentümerstruktur zu scheitern droht

Die Radhaubitze RCH 155 ist ein Symbol für das neue Selbstbewusstsein des Rüstungskonzerns KNDS. Doch hinter dem militärischen Triumph droht der finanzielle Stillstand: Wenn Deutschland nicht handelt, könnte der Konzern im Aufrüstungsboom den Anschluss verlieren.

Warum KNDS jetzt an seiner Eigentümerstruktur zu scheitern droht
Trotz voller Auftragsbücher und Milliardenreserven gerät KNDS zunehmend unter Druck – ohne neue Kapitalquellen drohen die ehrgeizigen Produktionsziele zur Illusion zu werden.

Ein Hauch von Aufbruch weht durch die Montagehallen in Kassel und München. Die Nachfrage nach Leopard 2, Schützenpanzer Boxer und Haubitzen ist so hoch wie nie seit dem Kalten Krieg.

Der Ukrainekrieg hat Europas Verteidigungspolitik in den Ausnahmezustand versetzt – und KNDS zum größten Nutznießer gemacht. Doch während die Panzerproduktion auf Hochtouren läuft, fehlt es an etwas Entscheidendem: Geld.

Volle Auftragsbücher, leere Taschen

412 Millionen Euro Nettogewinn im Jahr 2024, ein Auftragsbestand von 23,5 Milliarden Euro, 2,3 Milliarden Euro Eigenkapital – auf dem Papier ist KNDS kerngesund.

Doch die massive Expansion fordert Investitionen in Milliardenhöhe. Neue Werke, mehr Personal, komplexe Waffensysteme. Und das ist erst der Anfang: Allein der angestrebte Kauf der Militärsparte von Iveco könnte bis zu zwei Milliarden Euro kosten.

Trotz eines Nettogewinns von über 400 Mio. Euro im Jahr 2024 schüttet KNDS kaum Dividenden aus – das Kapital steckt fest, während Investitionen in KI, Drohnenabwehr und neue Werke anstehen.

Börsenpläne statt Familiensplitting

Ein Großteil der Finanzierung könnte durch eine Kapitalerhöhung erfolgen. Doch hier liegt das Problem: Während die französische Seite mit ihrem staatlichen Eigentümer notfalls schnell Mittel bereitstellen kann, fehlen den deutschen Gesellschafterfamilien schlicht die Mittel.

Ihre Anteile sind zwar wertvoll – je nach Bewertung bis zu 400 Millionen Euro pro Tranche – aber nicht veräußerbar. Ein interner Verkaufsmechanismus verhindert den Einstieg externer Investoren.

Ein vererbter Klotz am Bein

Was einst als Sicherung gegen feindliche Übernahmen galt, wird heute zum Wachstumshemmnis. Die Wegmann-Familienstruktur erlaubt keine Öffnung. Selbst eine simple Kapitalerhöhung könnte scheitern, weil keiner der Miteigentümer seinen Anteil aufstocken kann oder will.

Rettung durch den Kapitalmarkt?

Ein Börsengang wäre die logische Konsequenz. Die deutschen Anteile könnten in tausende Aktien gestückelt werden – frei handelbar, liquide, attraktiv für Investoren. Ex-KNDS-Chef Frank Haun hatte den Gedanken bereits 2024 laut geäußert.

Doch der Schritt birgt Risiken: Frankreich könnte bei einer Öffnung der Eigentümerstruktur ein Übergewicht gewinnen. Der Staat besitzt eine "goldene Aktie" und damit weitreichende Einflussrechte. Die Bundesregierung wiederum hätte nur dann ein Wort mitzureden, wenn sie selbst Anteile – mindestens 25 Prozent – übernähme.

Der Preis des Erfolgs

Die Expansion von KNDS ist keine strategische Spielerei, sondern europäisches Sicherheitsinteresse. Doch ohne Strukturreform droht der Konzern unter der Last seiner eigenen Erfolgsgeschichte zu kollabieren.

Entweder Deutschland entscheidet sich für einen Börsengang mit staatlicher Schutzbeteiligung – oder es schaut zu, wie Frankreich die Kontrolle über den letzten großen deutschen Panzerbauer gewinnt.

Ein Strukturproblem in Zeiten der Zeitenwende

KNDS verkörpert die Widersprüche der deutschen Rüstungsindustrie: modernste Technik, internationale Nachfrage – und eine Eigentümerstruktur aus der Zeit des Wirtschaftswunders.

Solange sich daran nichts ändert, bleibt der Konzern ein Riese mit angelegten Fesseln. Im neuen Europa der Wehrhaftigkeit ist das ein strategisches Risiko.

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