07. Juli, 2025

Startups & VC

Milliarden versenkt, Vertrauen verspielt: Start-up Relayr wird abwickelte

Vom Tech-Hoffnungsträger zur Konzernpleite: Die Geschichte eines teuren Missgriffs, der Fragen an die Strategie der Münchener Rück aufwirft. Jetzt setzt CEO Wenning auf das nächste verlustreiche Abenteuer.

Milliarden versenkt, Vertrauen verspielt: Start-up Relayr wird abwickelte
Nach Brunners Abgang blieb von Relayr nicht viel übrig – außer millionenschweren Verlusten. Munich Re wickelte das einst gehypte Start-up ab, das 2018 für rund 300 Millionen Dollar übernommen worden war.

Als die Münchener Rückversicherung 2018 das Berliner IoT-Start-up Relayr für 300 Millionen Dollar übernahm, war der Deal in der Branche Gesprächsthema. "Disruption durch Partnerschaft" hieß das Versprechen: Sensorik, Datenanalyse und Versicherung sollten verschmelzen und Industrieausfälle planbar wie kalkulierbar machen.

Heute, sieben Jahre später, ist von der großen Vision nichts mehr übrig. Relayr wurde im vergangenen Jahr abgewickelt. Und Vorstandschef Joachim Wenning steht erneut in der Kritik.

Das Projekt Relayr: Aufbruch mit Hypothek

Die Idee war ambitioniert. Mit den Technologien von Relayr wollte die Münchener Rück den Maschinenbau revolutionieren: Ausfallzeiten prognostizieren, Risiken reduzieren, Policen in Echtzeit kalkulieren.

Relayr versprach smarte Plattformlösungen, die auf KI und Sensordaten basierten. Doch schon kurz nach der Übernahme begannen die Umsätze zu schrumpfen.

Zudem kam es intern zu Unruhe: Gründer Josef Brunner, das Gesicht der Vision, schied nach einer nicht weiter kommentierten Eskalation im Rahmen einer Firmenfeier aus. Compliance-Leute der Konzernzentrale sollen sich eingeschaltet haben. Brunner bestreitet jedes Fehlverhalten, die Münchener Rück schweigt. Doch das einstige Start-up-Wunderkind war damit Geschichte.

Teure Projekte, keine Skalierung

Relayr blieb eine Ansammlung hochpreisiger Einzelprojekte, deren Umsetzung aufwendig und wenig skalierbar war. Die Hoffnung, ein Plattform-Geschäft zu etablieren, zerschlug sich.


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Kooperationen mit Branchengrößen wie Siemens, Kuka oder Bosch blieben Ankündigungen. Letztlich fehlte die Marktdurchdringung, das operative Modell war zu schwerfällig für den Mittelstand, den es adressieren wollte. Die Integration in den Versicherungskonzern blieb bruchstückhaft.

2024 war Schluss: Vorstandschef Wenning veräußerte die Reste des Unternehmens, der Rest wurde still abgewickelt. Auf der Jahrespressekonferenz verkündete er, dass Innovationsinvestments künftig näher am Kerngeschäft liegen müssten.

Nächster Wurf, nächste Risiken: Next Insurance

Doch kaum war Relayr Geschichte, sorgte Wenning erneut für Erstaunen. Mitte März kaufte Munich Re die restlichen 70 Prozent am US-Start-up Next Insurance – für eine Bewertung von rund 2,4 Milliarden Euro. Der Digitalversicherer, spezialisiert auf kleine Firmenkunden, schreibt seit zehn Jahren Verluste.

Intern soll es kritische Stimmen gegeben haben. Besonders aus der Strategieabteilung hieß es, das Modell sei in Europa kaum umsetzbar. Viele Kleinbetriebe seien digital kaum aufgestellt. Die Konzernführung dementiert interne Konflikte. Man stehe "geschlossen" hinter der Entscheidung.

Verantwortung oder Wunschdenken?

Fakt ist: Die Allianz, früher an Next beteiligt, stieg zum perfekten Zeitpunkt aus und verdient weiter an Wertsteigerungen. Munich Re hingegen steigt auf dem Höhepunkt der Bewertung ein.

Kritiker sprechen von Naivität. Intern heißt es, Wenning folge dem Einfluss von Ergo-Chef Markus Rieß, der ambitioniert in den US-Markt dränge – inklusive Vorstandssitz in einem amerikanischen Unternehmen.

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