Ein Geldhaus im Höhenflug – doch die Zweifel bleiben
Deutschlands größte Bank überrascht mit dem besten Quartalsergebnis seit der Finanzkrise. Doch nicht alle Analysten glauben an die Nachhaltigkeit des Erfolgs.
Deutschlands größte Bank überrascht mit dem besten Quartalsergebnis seit der Finanzkrise. Doch nicht alle Analysten glauben an die Nachhaltigkeit des Erfolgs.
Mit 1,485 Milliarden Euro Nettogewinn liefert die Deutsche Bank das stärkste Quartal seit 2007 – und schraubt zugleich die Erwartungen für die Aktionäre nach oben. Vorstandschef Christian Sewing spricht von Rückenwind, die Börse feiert. Doch unter der Oberfläche zeigen sich altbekannte Schwächen.
Die Zahlen lassen aufhorchen: Die Deutsche Bank verdient im zweiten Quartal fast 1,5 Milliarden Euro – deutlich mehr als die Analystenerwartung von 1,2 Milliarden. Das operative Ergebnis liegt sogar über jenem der Großbanken vieler europäischer Nachbarländer.
Vorstandschef Christian Sewing spricht vom „höchsten Halbjahresgewinn seit 2007“ und gibt sich selbstbewusst: Die Ziele für 2025 seien in Reichweite.
Tatsächlich stimmen einige Kennzahlen optimistisch. Die harte Kernkapitalquote liegt mit 14,2 % über der eigenen Zielspanne. Die Rendite auf das materielle Eigenkapital erreicht im zweiten Quartal 10,1 % – exakt die Marke, die sich die Bank selbst bis 2025 gesetzt hat.
Anleger honorieren das mit einem Kurssprung: Die Aktie steigt zeitweise um acht Prozent – so viel wie kein anderes DAX-Papier an diesem Tag.
Der Markt reagiert begeistert auf das Versprechen, die Ausschüttungen weiter zu erhöhen. 2,1 Milliarden Euro will die Bank im laufenden Jahr an ihre Anteilseigner zurückgeben, gut zwei Drittel davon in Form von Dividenden, den Rest über Rückkäufe.
Und Sewing will noch mehr: Ein neues Rückkaufprogramm ist bei der Aufsicht beantragt – es könnte die Gesamtausschüttung nochmals deutlich steigern. Die Deutsche Bank zeigt sich als renditestarker Wert, eine Seltenheit unter den europäischen Finanzhäusern.
Doch unter den glänzenden Zahlen verbirgt sich auch viel alter Ballast – und strukturelle Fragilität. Denn der deutliche Ergebnisanstieg beruht weniger auf organischem Wachstum als auf Einsparungen.
Die Kosten sinken auf knapp fünf Milliarden Euro – deutlich stärker als erwartet. In mehreren Bereichen ist nicht das Geschäft gewachsen, sondern vor allem die Risikovorsorge gefallen.
Ein Beispiel: In der Privatkundenbank steigt der Vorsteuergewinn um satte 56 %. Doch ein Großteil davon ist schlicht auf gesunkene Kosten zurückzuführen. Die Erträge legen nur um zwei Prozent zu – ein schwacher Wert angesichts steigender Zinsen und einer günstigen Marktphase.
Auch im Investmentbanking profitiert das Institut vom Geschäft mit Zinsen und Währungen. Der Vorsteuergewinn liegt bei 826 Millionen Euro, doch die Eigenkapitalrendite fällt mit 8,6 % schwächer aus als in der Retail-Sparte. Das klassische Handelsgeschäft wächst um sieben Prozent – weniger als bei US-Konkurrenten.
Die Beratungssparte, die in besseren Zeiten Milliardenbeiträge liefern kann, fällt um 29 % zurück.
Hinzu kommt: Einige erhoffte M&A-Deals wurden auf das zweite Halbjahr verschoben – ob sie wirklich zustande kommen, ist offen. Der Markt für Börsengänge und Übernahmen bleibt wegen geopolitischer Unsicherheiten und restriktiver Geldpolitik fragil.
Noch problematischer: Im Firmenkundensegment schrumpfen die Erträge. Auch hier wird das Ergebnis durch gesunkene Kosten und weniger Risikovorsorge geschönt. Analysten zweifeln daran, dass die Deutsche Bank ihr Ertragsziel von 32 Milliarden Euro für 2025 erreichen kann.
Das erste Halbjahr ist traditionell stärker – die zweite Jahreshälfte muss das Tempo halten.
Und: Der Konkurrenzdruck steigt. Ausländische Banken drängen auf den deutschen Markt, viele Mittelständler orientieren sich um. Gleichzeitig belasten hohe regulatorische Anforderungen, geopolitische Unsicherheiten und eine anhaltend schwache Konjunktur.
Sewing bleibt dennoch zuversichtlich. Ein mögliches Zollabkommen mit den USA und staatliche Investitionen in Infrastruktur und Verteidigung könnten für neue Impulse sorgen, ebenso eine Belebung der M&A-Aktivitäten. Doch das sind Wetten auf die Zukunft – keine belastbaren Umsatzsäulen.
Fakt ist: Die Deutsche Bank hat geliefert. Der Rekordgewinn ist ein Beleg für Stabilisierung und disziplinierte Kostenkontrolle. Doch die strukturellen Schwächen – margenschwaches Retailgeschäft, volatile Kapitalmarkterträge, stagnierendes Firmenkundensegment – bleiben bestehen.
Der Börse reicht das fürs Erste. Doch wenn die zweite Jahreshälfte nicht liefert, könnte der Jubel schnell verstummen.
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