Ein Quartal, das selbst Optimisten überrascht
Ohne große Ankündigungen hat Oracle in dieser Woche die Latte für die Konkurrenz höher gelegt. Während der Markt mit soliden Zahlen gerechnet hatte, lieferte der US-Softwarekonzern ein Ergebnis, das in dieser Form kaum jemand auf dem Zettel hatte: 15,9 Milliarden Dollar Umsatz – ein Plus von elf Prozent währungsbereinigt.
Der Gewinn je Aktie kletterte auf 1,70 Dollar. Und vor allem: Das Cloud-Geschäft wächst mit 27 Prozent deutlich schneller als viele Wettbewerber.
Cloud-Wachstum verdoppelt?
Doch der eigentliche Paukenschlag folgte mit dem Ausblick. CEO Safra Catz, bekannt für ihre meist konservativen Formulierungen, gab sich ungewöhnlich offensiv: Das Cloud-Wachstum, das zuletzt bei 24 Prozent lag, könnte sich im neuen Geschäftsjahr nahezu verdoppeln – auf 40 Prozent.
„Das Geschäftsjahr 2024/2025 war sehr gut. Wir glauben, dass das Geschäftsjahr 2025/2026 noch besser wird“, sagte Catz selbstbewusst.
Damit positioniert sich Oracle in einer Phase neu, in der viele Anbieter um die Vorherrschaft im globalen Cloudmarkt ringen. Während Amazon AWS und Microsoft Azure traditionell dominieren, holt Oracle mit seiner spezialisierten Infrastruktur auf.
Vor allem KI-getriebene Workloads, datenintensive Anwendungen und große Enterprise-Kunden suchen nach Alternativen zur teuren Marktdominanz der Branchenführer.
Der SAP-Rivale rückt auf
Oracle profitiert dabei nicht zuletzt von seiner starken Position im Geschäft mit Unternehmenssoftware – dem klassischen Kerngeschäft, in dem auch SAP und Salesforce unterwegs sind.
Immer mehr dieser Anwendungen werden jetzt in die Cloud migriert, und hier kann Oracle mit Komplettlösungen punkten: Datenbanken, Infrastruktur und Applikationen aus einer Hand. Vor allem für große Kunden aus dem Finanzwesen, dem Gesundheitssektor und der Industrie ein Argument.
Kombination aus Substanz und Fantasie
In den letzten zwölf Monaten summierten sich die Konzernerlöse auf 57,4 Milliarden Dollar, der Jahresüberschuss kletterte auf 6,03 Dollar je Aktie.
Analysten zeigen sich angesichts dieser Zahlen zunehmend zuversichtlich, dass Oracle mittelfristig sogar die Wachstumsdynamik einiger klassischer Cloudanbieter übertreffen könnte – bei gleichzeitig solider Marge und stabilen Cashflows.
Für Investoren ist das relevant. Während viele Tech-Werte nach den AI-getriebenen Kursrallys der letzten Monate an Bewertungsspannen stoßen, könnte Oracle mit seiner vergleichsweise konservativen Bewertung und dem Wachstumsschub der Cloud-Sparte neue Kursfantasie liefern.
Viel Luft nach oben – und ein risikobewusster Kurs
Trotz aller Euphorie bleibt Oracle auch bekannt für seinen disziplinierten Kurs. Das Unternehmen verzichtet auf teure Großübernahmen, setzt auf organisches Wachstum und selektive Partnerschaften, etwa mit Nvidia und Microsoft.
In einer Branche, die derzeit von milliardenschweren Deals und aggressivem KI-Wettrüsten geprägt ist, wirkt diese Strategie fast schon altmodisch – aber stabil.
Ein Tech-Konzern in der zweiten Wachstumsphase
Was Oracle derzeit liefert, ist bemerkenswert: Nach Jahrzehnten als klassische Softwaregröße gelingt der Firma schrittweise der Umbau zu einem ernstzunehmenden Cloudanbieter.
Während SAP, Salesforce und andere noch mitten in ihren Restrukturierungen stecken, fährt Oracle bereits signifikante Erträge aus dem Cloudgeschäft ein.
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