28. Mai, 2025

Unternehmen

Nvidia liefert China-kompatible KI-Chips

Trotz US-Embargo bleibt Nvidia am chinesischen Markt dran – mit einer abgespeckten Version seiner Blackwell-GPUs. Warum der Chipriese jetzt speichert, statt glänzt, und was der Konzern dabei riskiert.

Nvidia liefert China-kompatible KI-Chips
Der Preis ist gezähmt, der Zugriff nicht frei: Nvidias neuer China-Chip verzichtet auf HBM-Speicher und Hochleistungs-Packaging – um die strengen US-Exportkontrollen zu unterlaufen.

Nvidia weicht aus. Was wie ein technologischer Rückschritt wirkt, ist in Wahrheit ein geopolitisches Schachspiel: Mit einem abgespeckten KI-Grafikprozessor auf Basis der neuen Blackwell-Architektur plant Nvidia offenbar den nächsten Markteintritt in China – diesmal entlang der roten Linien der US-Exportkontrollen. Die Serienproduktion soll laut Insidern bereits im Juni starten.

Der Blackwell-Light: Leistung runter, Marktanteil retten

Anders als das bislang nur eingeschränkt lieferbare H20-Modell nutzt der neue Chip statt High Bandwidth Memory (HBM) den schwächeren GDDR7-Speicher. Auf das teure CoWoS-Packaging von TSMC wird ebenfalls verzichtet.

Dadurch fällt die Speicherbandbreite deutlich – und bleibt damit unterhalb der kritischen US-Grenze von rund 1,8 Terabyte pro Sekunde. Damit soll der neue Chip nach Einschätzung von Marktbeobachtern gerade so durch das regulatorische Nadelöhr passen.

Quelle: Eulerpool

Der Preis liegt ebenfalls darunter: Zwischen 6.500 und 8.000 US-Dollar soll die neue Grafikeinheit kosten – etwa 30 % günstiger als das ursprüngliche H20-Modell. Für die KI-Industrie Chinas dürfte der abgespeckte Chip dennoch attraktiv bleiben – allein schon mangels Alternativen.

Nvidia unter Druck: China war mehr als ein Absatzmarkt

Noch vor den US-Restriktionen hatte Nvidia in China einen Marktanteil von rund 95 % bei High-End-KI-Grafikprozessoren – inzwischen dürfte sich dieser laut CEO Jensen Huang halbiert haben.

Quelle: Eulerpool

Der Rückgang trifft das Unternehmen empfindlich: Im letzten Geschäftsjahr kamen 13 % des Nvidia-Umsatzes aus China. Allein durch die Exportregeln mussten Lagerbestände im Wert von 5,5 Milliarden Dollar abgeschrieben werden. Potenzielle Umsatzverluste bis zu 15 Milliarden Dollar stehen im Raum.

Dass Nvidia nun in Serie mit einer „legalen“ China-Version geht, ist daher weniger Innovation als Schadensbegrenzung. Und sie kommt spät. Erste Rivalen, darunter chinesische Halbleiterfirmen und Alternativen aus Südkorea, nutzen das Vakuum längst für Marktgewinne.

Hintertür für Milliarden: Der Balanceakt eines Chipgiganten

Strategisch ist der China-Move hochriskant. Nvidia darf nicht zu viel liefern – sonst drohen neue US-Sanktionen. Gleichzeitig muss das Angebot ausreichen, um überhaupt Abnehmer in China zu finden.

Dass man ausgerechnet bei Speichertechnologie und Package-Design zurücksteckt, ist kein Zufall: Diese Faktoren bestimmen maßgeblich die Bandbreite – und damit den regulatorischen Hebel.

Zugleich plant Nvidia laut Insidern bereits ein weiteres China-Modell mit leicht veränderten Parametern für den Herbst. Offenbar prüft das Unternehmen verschiedene technische Kompromisslösungen, um auf regulatorische Entwicklungen flexibel reagieren zu können.

Quartalszahlen im Blick: Wird der Plan aufgehen?

Am 28. Mai legt Nvidia seine Quartalszahlen vor. Analysten und Investoren werden genau beobachten, wie stark der China-Markt in der Bilanz durchschlägt – und ob der neue Grafikprozessor bei Kunden vor Ort tatsächlich ankommt.

Sollte sich der neue Chip als „gerade gut genug“ erweisen, könnte Nvidia seine Position zumindest stabilisieren.

Andernfalls droht ein weiterer Rückzug aus einem Milliardenmarkt – oder gar ein politischer Rückschlag, falls Washington erneut nachjustiert.

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