Die Rückkehr der Zinsflaute
Noch vor einem Jahr schien es, als sei das Zinstief überwunden. Tagesgeldkonten warben mit bis zu vier Prozent Rendite, Banken überboten sich mit Neukundenaktionen, und der Begriff „sicherer Zins“ war in aller Munde.
Doch jetzt, Mai 2025, ist die Euphorie verflogen. Laut einer aktuellen Verivox-Auswertung zahlen 52 Banken in Deutschland aktuell gar keine Zinsen mehr auf Tagesgeld – Tendenz steigend.
Diese Entwicklung trifft ausgerechnet jene Kundengruppen besonders hart, die traditionell konservativ sparen: Kunden der Sparkassen und Volksbanken. Gerade in ländlichen Regionen oder bei älteren Sparern, so zeigen Studien, ist die Wechselbereitschaft gering – und genau darauf bauen die Institute.
Sitzenbleiben lohnt sich nicht
„Viele Banken spekulieren darauf, dass ihre Bestandskunden nicht aktiv werden“, sagt Oliver Maier von Verivox.
Es sei ein kalkuliertes Geschäftsmodell: Statt Zinsen zu zahlen, setzen viele Institute darauf, dass Kunden aus Bequemlichkeit oder Unsicherheit bei ihrem Anbieter bleiben.
Allein im März 2025 hätten deutsche Sparer laut Schätzung von Tagesgeldvergleich.net über vier Milliarden Euro an möglichen Zinsen verschenkt – schlicht, weil sie nicht zur besser verzinsten Konkurrenz gewechselt sind.
Die Anbieter spielen dabei ein taktisches Spiel: Kaum verzinste Standardangebote im Schaufenster – und parallel ein „verstecktes“ Aktionskonto mit kurzzeitiger Lockprämie. So zahlt etwa die Bank of Scotland 3,5 Prozent – allerdings nur für zwei Monate. Danach? Stille.

Die Zinswende der Zinswende
Noch Anfang 2023 sah es nach einem klaren Trend aus: Die Europäische Zentralbank hob ihre Leitzinsen in mehreren Schritten deutlich an – zur Bekämpfung der Inflation.
Viele Banken gaben die höheren Zinsen zumindest teilweise weiter. Doch seit dem Jahreswechsel 2024/2025 hat sich das Bild gedreht.
„Die Trendwende bei Tagesgeldzinsen hat im Januar 2024 begonnen – und wird sich fortsetzen“, sagt Toni Merkel von Tagesgeldvergleich.net.
Die Leitzinsen sind zwar noch nicht gesunken, doch die Erwartungen an sinkende Zinsen nehmen zu – und damit auch der Druck auf die Banken, ihre Margen zu sichern.

Laut FMH-Finanzberatung ist der Durchschnittszins im Tagesgeldsektor innerhalb eines Jahres von 2,2 auf 1,45 Prozent gefallen – ein Einbruch um mehr als ein Drittel. Von einem verlässlichen Zinsertrag für Sparer kann keine Rede mehr sein.
Politik der kleinen Haken
Was viele Kunden übersehen: Die scheinbar attraktiven Angebote sind oft mit Einschränkungen verbunden – befristete Laufzeiten, Höchstbeträge, nur für Neukunden. In einem Markt, in dem die Notenbanken auf mittlere Sicht wieder auf niedrigere Zinsen setzen, ist das für Banken ein kalkulierter Kompromiss.
Kurzzeitige Neukundenzinsen lohnen sich, wenn sie helfen, frisches Kapital zu sammeln – ohne langfristige Zinsverpflichtungen.
Ein Beispiel: Klarna, in Deutschland als Zahlungsdienstleister bekannt, bietet derzeit 2,66 Prozent auf einjähriges Festgeld. Doch schon für drei Jahre liegt der Zins nur marginal höher. Und wer eine drei vor dem Komma sucht, muss sich zehn Jahre binden – bei Banken wie der Umweltbank oder PPB Direkt.
Was Anleger jetzt tun können
Für Privatkunden, die nicht bereit sind, ihr Erspartes dem nächsten Nullzinsanbieter zu schenken, bleibt nur eine Option: aktiv werden. Der Wechsel eines Tagesgeldkontos ist heute in wenigen Minuten möglich – digital, ohne Papierkram. Die Hürden liegen eher im Kopf.
Experten raten:
- Regelmäßig vergleichen – etwa über FMH, Verivox oder Tagesgeldvergleich.net
- Zinsgarantien prüfen – nicht nur auf den Nominalzins achten
- Auf Lockangebote achten – und nach Ablauf rechtzeitig reagieren
- Splitten statt binden – nicht das ganze Vermögen auf ein Produkt setzen
- Mut zur Rotation – wer heute noch „ewig treu“ ist, wird von Banken bestraft
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