Militärspektakel mit Fehlzündung
Nordkoreas Regime hatte für den Tag Großes geplant: ein martialischer Stapellauf, ein mächtiger Zerstörer, bewaffnet mit taktischen Atomraketen – Symbol für Stärke, Abschreckung und technologischen Fortschritt. Doch die Inszenierung gerät außer Kontrolle.
Noch während der Zeremonie in der Hafenstadt Chongjin kommt es zum „schweren Unfall“. Teile des Schiffsbodens des neuen Zerstörers „Choe Hyon“ werden laut KCNA „zerdrückt“. Kim Jong-un spricht von einem „kriminellen Akt“. Die Peinlichkeit ist perfekt.
Ein Machtsymbol mit Makel
Die Choe Hyon ist kein Leichtgewicht. 5.000 Tonnen bringt der neue Zerstörer auf die Waage. Ausgestattet ist das Kriegsschiff nach offiziellen Angaben mit zwei taktischen Nuklearraketen.
Ein Prototyp künftiger Abschreckung, so der Plan. Doch die Pannenserie wirft Fragen auf – auch über den Zustand der nordkoreanischen Militärtechnik und die operative Kompetenz der Streitkräfte.

Kim wütet – und sucht Schuldige
Was genau beim Stapellauf schiefging, bleibt unklar. Die staatliche Nachrichtenagentur KCNA gibt vage an, dass „unerfahrene Kommandeure“ und „operative Nachlässigkeit“ den Zwischenfall verursacht hätten.
Kim Jong-un greift durch. Bei der nächsten Sitzung des Zentralkomitees der Arbeiterpartei sollen die „verantwortungslosen Beamten“ zur Rechenschaft gezogen werden. Eine klassische Mischung aus öffentlicher Bloßstellung und interner Disziplinierung.
Ein Unfall zur Unzeit
Das Timing ist brisant. Nordkorea hatte den Zerstörer erst wenige Tage zuvor als Teil seines neuen, atomwaffenfähigen Flottenprogramms präsentiert. Die Führung in Pjöngjang versucht seit Jahren, über die Seewege an strategischer Reichweite zu gewinnen.
Das Ziel: glaubwürdige nukleare Zweitschlagsfähigkeit. Doch der misslungene Stapellauf wirkt wie ein Rückschlag – und zeigt, wie brüchig das propagierte Bild militärischer Überlegenheit in Wahrheit ist.
Diplomatisch isoliert, militärisch gefährlich
Nordkorea bleibt international weitgehend isoliert – und sucht umso offensiver nach Allianzen. Beobachter vermuten hinter der militärischen Show auch eine politische Botschaft Richtung Moskau.
Pjöngjang soll laut US-Geheimdiensten mehr als 10.000 Soldaten zur Unterstützung der russischen Armee in die Ukraine entsandt haben. Als Gegenleistung erhofft sich Kim moderne Technologie und Know-how – vielleicht auch für den Bau neuer Schiffe.
Ein System unter Druck
Der Vorfall offenbart nicht nur technische Mängel, sondern auch politischen Druck. Nordkoreas Führung setzt ihre Streitkräfte unter permanente Überforderung, um innenpolitische Kontrolle mit außenpolitischer Aggression zu verbinden.
Fehler sind da nicht nur menschlich – sie sind systemisch. Doch in einem Staat, der keine Fehler toleriert, wird jede Panne zur persönlichen Bedrohung für die Beteiligten.