30. Juni, 2025

Quartalszahlen

Nike stürzt ab – und ruft den Neuanfang aus

Nach dem schwersten Einbruch seit Jahren will der Sportgigant mit einer Rückbesinnung auf den Kern seiner Marke punkten. Die neue Strategie heißt: weniger Mode, mehr Bewegung.

Nike stürzt ab – und ruft den Neuanfang aus
Mit einem Gewinnrückgang von 44 % und dramatisch schrumpfender Marge präsentiert Nike das schwächste Ergebnis seit Jahren – trotz voller Lager und Preisdumping.

Einbrüche auf allen Ebenen – trotz Milliardenumsatz

46,3 Milliarden Dollar Umsatz – das klingt nach Größe, Stabilität, Erfolg. Doch was auf dem Papier noch wie ein Riese aussieht, ist in Wahrheit ein Unternehmen auf der Suche nach sich selbst.

Denn was Nike in seinem am 31. Mai beendeten Geschäftsjahr vorlegt, ist ein Zahlenwerk mit Warnsignalcharakter. Neun Prozent Umsatzrückgang, 44 Prozent weniger Gewinn, eine Bruttomarge, die von 44,7 auf nur noch 40,3 Prozent einknickt – und das alles trotz voller Lager.

Quelle: Eulerpool

Besonders bitter: Im Schlussquartal bleiben vom Gewinn gerade einmal 211 Millionen Dollar übrig – 86 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum.

Lagerware wird zur Last

Dass der Rückgang nicht noch deutlicher ausfiel, ist einzig dem Umstand geschuldet, dass Analysten mit Schlimmerem gerechnet hatten. Doch das ist ein schwacher Trost.

Quelle: Eulerpool

Denn der Kern des Problems liegt tiefer: Nikes Stärke in den letzten Jahren war auch seine Schwäche – der Modetrend rund um Sneaker-Ikonen wie den „Air Force 1“ oder „Air Jordan 1“ hat die Marke zwar in den Mainstream getragen, aber auch in die Beliebigkeit.

Modelle, die früher Kultstatus hatten, verstauben heute in den Regalen. Der Ausverkauf zu Schleuderpreisen rettete kurzfristig die Bilanz – aber beschädigte die Marke.

Ein alter Bekannter soll retten, was zu kippen droht

Elliott Hill, einst Chief Commercial Officer, kehrte im Herbst 2024 aus dem Ruhestand zurück. Jetzt steht er an der Spitze eines angeschlagenen Konzerns – und verkündet den Neustart.

Quelle: Eulerpool

Der neue Strategieplan trägt den sprechenden Titel „Win Now“. Der Fokus soll zurück auf die sportliche Leistungsfähigkeit der Produkte gelegt werden. Hill kündigt eine „Sport-Offensive“ an.

Die neuen Modelle „Pegasus“ und „Vomero“ für Läufer sind erste Vorboten. Doch die Frage bleibt: Ist es dafür nicht zu spät?

„Performance“ statt Hype – aber wie konsequent wird es?

Nike will raus aus der Abhängigkeit vom Mode-Geschäft. Die Kollektionen sollen wieder „funktionaler“ werden, die Marketingkampagnen „authentischer“, das Sponsoring fokussierter.

Quelle: Eulerpool

Damit schwenkt das Unternehmen auf eine Linie ein, die Konkurrent Adidas unter Bjørn Gulden seit Monaten verfolgt – mit bislang durchwachsenem Erfolg. Doch bei Nike ist die Lage ernster: Die Zahlen sind schwächer, der Börsenwert unter Druck, und die Investoren zunehmend ungeduldig.

Das verlorene Vertrauen der Börse

Die Reaktion der Märkte auf den Geschäftsbericht fiel zurückhaltend optimistisch aus. Die Aktie legte im nachbörslichen Handel leicht zu – ein Plus von zwei Prozent. Doch das ist eher ein Zeichen dafür, wie niedrig die Erwartungen mittlerweile sind.

Der Kurs hat in den vergangenen zwölf Monaten rund ein Drittel verloren. Und während Konkurrenten wie Lululemon oder Hoka in Nischen wachsen, wirkt Nike plötzlich wie ein schwerfälliger Tanker in einem Markt, der sich rasant verändert.

Asien schwächelt, E-Commerce schwächelt

Besonders schmerzhaft: In China, einst das Zugpferd für Wachstum, laufen die Geschäfte schleppend. Auch der Onlineverkauf – einst Wachstumsmaschine – entwickelt sich enttäuschend.

Die eigene App verliert Nutzer, die Direktvertriebsstrategie scheint an ihre Grenzen zu stoßen. Hill muss nicht nur neue Schuhe verkaufen – er muss eine neue Erzählung finden, die bei Konsumenten und Investoren gleichermaßen verfängt.

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