13. Juli, 2025

Unternehmen

Nestlé unter Verdacht: Was wirklich hinter dem Mineralwasserskandal steckt

Durchsuchungen in Frankreich, Vorwürfe von Foodwatch, dubiose Filtermethoden: Der Schweizer Konzern steht erneut in der Kritik. Doch was steckt hinter dem Vorwurf, Verbraucher bewusst getäuscht zu haben? Und welche Folgen drohen Nestlé jetzt?

Nestlé unter Verdacht: Was wirklich hinter dem Mineralwasserskandal steckt
Hausdurchsuchung bei Nestlé Waters in Issy-les-Moulineaux: Die französische Verbraucherschutzbehörde DGCCRF leitete bereits im Februar Ermittlungen ein – nach einer Anzeige durch die NGO Foodwatch wegen Verdachts auf Lebensmittelbetrug.

Einbruch am Brunnen

Die Bilder sind unspektakulär, aber die Botschaft dahinter ist explosiv: Ermittler der französischen Verbraucherschutzbehörde DGCCRF haben in der vergangenen Woche die Räumlichkeiten von Nestlé in der Nähe von Paris durchsucht.

Grund ist der Verdacht, dass der Konzern Quellwasser, das nicht den gesetzlichen Anforderungen für "natürliches Mineralwasser" entsprach, illegal gefiltert und anschließend dennoch als solches verkauft haben soll.

Kohlefilter, UV-Licht und Mikrofiltration

Die Vorwürfe sind nicht neu, erhalten aber nun strafrechtliches Gewicht. Bereits im Frühjahr hatte die Organisation Foodwatch schwere Anschuldigungen erhoben.

Nestlé soll mit unzulässigen Methoden wie Aktivkohlefiltern oder UV-Behandlung Wasser "sauber gemacht" haben, das damit aber den Status als "natürlich" verloren hätte. Trotzdem landete es in den Regalen: als Vittel, Perrier, Contrex oder Hépar. Allesamt Produkte, die für Reinheit und Ursprünglichkeit stehen.

Ein systematisches Problem?

Nestlé selbst bestätigte die Durchsuchungen, erklärte aber, mit den Behörden zu kooperieren. Konzernchef Laurent Freixe hatte bereits im April vor einem parlamentarischen Ausschuss eingeräumt, dass es "Unregelmäßigkeiten" gegeben habe. Ein Einzelfall? Wohl kaum.

Nestlés Marke Perrier gerät erneut in die Kritik. Französische Behörden ermitteln, weil das angeblich unbehandelte Mineralwasser mit unzulässigen Filtern wie UV-Licht und Aktivkohle aufbereitet worden sein soll.

Die fragwürdigen Methoden scheinen eher systematischer Natur gewesen zu sein, gestützt durch ein regulatorisches Niemandsland und mangelnde Kontrolle durch Aufsichtsbehörden.

Vertrauenskrise statt Kurssturz

An der Börse blieb die Reaktion bislang verhalten. Der Aktienkurs von Nestlé zeigte sich stabil. Doch der Schaden für das Image ist erheblich. Gerade weil Wasser eines der vertrauensintensivsten Lebensmittel ist. Wenn hier getäuscht wird, trifft das den Markenkern.

Gesundheitsgefahr nicht ausgeschlossen

Laut Medienberichten könnte in Einzelfällen sogar eine Gesundheitsgefährdung nicht ausgeschlossen werden. So war im Frühjahr die Rede von Verunreinigungen im Perrier-Wasser aus Südfrankreich.

Foodwatch spricht von einem "massiven Fall von Lebensmittelbetrug" und fordert personelle Konsequenzen nicht nur bei Nestlé, sondern auch bei den zuständigen Behörden.

Ein Konzern unter Druck

Es ist nicht das erste Mal, dass Nestlés Wassergeschäft in Frankreich für Schlagzeilen sorgt. In Vittel etwa war der Konzern wegen übermäßiger Wasserentnahme in die Kritik geraten.

Die Folge: sinkende Grundwasserspiegel und Proteste der Bevölkerung. Inzwischen hat sich Nestlé mit Vittel aus dem deutschen Markt zurückgezogen – angeblich wegen schrumpfender Margen.

Wasser marsch, Kontrolle Pause?

Der Skandal wirft grundsätzliche Fragen auf: Wie konnte ein weltweit agierender Konzern offenbar über Jahre hinweg gesetzliche Vorgaben umgehen, ohne Konsequenzen? Haben die Behörden versagt? Und was ist eigentlich noch "natürlich" an einem Produkt, das chemisch gereinigt werden muss, bevor es verkauft werden darf?

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