12. Mai, 2025

Startups & VC

Nächster Abgang, nächste Wachstumsstory – Taxfix verliert Gründer

Lino Teuteberg geht, Kristen Waeber kommt: Das Berliner Steuer-Start-up sortiert seine Führungsriege neu. Und stellt mit der ehemaligen N26-Managerin die Weichen für die nächste Expansionsphase.

Nächster Abgang, nächste Wachstumsstory – Taxfix verliert Gründer
Über 300 Millionen US-Dollar Risikokapital, doch der Druck steigt: Investoren erwarten nach Jahren des Wachstums nun Profitabilität – auch deshalb setzt Taxfix auf Plattformausbau und neue Geschäftsmodelle.

Gründer raus, Wachstum rein

Bei Taxfix geht eine Ära zu Ende – und eine neue beginnt. Mit Lino Teuteberg verabschiedet sich der zweite Gründer des Berliner Fintechs aus dem operativen Geschäft.

Nach neun Jahren Aufbauarbeit und Skalierung tritt er ab. An seine Stelle rückt eine Managerin, die in der deutschen Fintech-Szene kein unbeschriebenes Blatt ist: Kristen Waeber, zuletzt Director bei N26, übernimmt als Chief Product Officer das Ruder – und soll die Produktstrategie in eine neue Phase führen.

Kristen Waeber: Vom Neobank-Kernteam zur Steuer-App

Waeber bringt reichlich Erfahrung aus zwei der dynamischsten Segmente der Finanzwelt mit. Bei der Krypto-Börse Kraken verantwortete sie zuletzt einen zentralen Produktbereich, davor war sie fünf Jahre Teil des Führungsteams bei N26 – unter anderem zuständig für App-Engagement, User Growth und Subscription-Modelle.

Dass sie nun zu Taxfix wechselt, ist mehr als nur ein Karrierewechsel: Es ist ein Signal.

Das Unternehmen, das mit einer einfachen Steuer-App begonnen hat, will mehr sein als ein smarter Helfer für die Steuererklärung. Die neue CPO soll die Plattform produktseitig neu ausrichten, weiterentwickeln – und für mehr Monetarisierung sorgen. Intern wird bereits über neue Angebotsformate diskutiert, darunter ein Abo-Modell und Zusatzdienste für Selbstständige.

Teutebergs Abschied: Kein Bruch, aber eine Zäsur

Lino Teuteberg gehörte zu den stilleren Gründertypen der deutschen Start-up-Szene. Während Mitgründer Mathis Büchi sich schon 2022 aus der Geschäftsführung zurückgezogen hatte, blieb Teuteberg noch eine Weile an Bord. Nun macht auch er Platz.

Von einem Bruch will niemand sprechen – Teuteberg soll der Firma als Beirat verbunden bleiben. Doch dass beide Gründer innerhalb kurzer Zeit ihre operativen Ämter abgeben, ist für ein Start-up dieser Größenordnung alles andere als gewöhnlich.

An der Spitze steht jetzt Martin Ott, ein Manager mit Big-Tech-Stempel. Der ehemalige Facebook-Chef für Zentraleuropa und Ex-Wework-Geschäftsführer leitet Taxfix seit 2021. Unter seiner Führung wurde das Unternehmen internationaler, strukturierter – und kapitalintensiver.

Gründerabgang bei Taxfix: Nach dem Rückzug von Mitgründer Mathis Büchi verlässt nun auch Co-Founder Lino Teuteberg das operative Geschäft – ein seltener doppelter Abgang in einem Scale-up dieser Größe.

Taxfix: Mehr als eine Steuerhilfe?

Mit inzwischen mehr als 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, über 300 Millionen US-Dollar eingesammeltem Kapital und Kunden in Deutschland, Spanien und Italien gehört Taxfix zu den großen Namen der Berliner Fintech-Szene.

Die App verspricht Steuererklärung in Minuten – und richtet sich vor allem an Menschen, die von Lohnsteuererklärungen überfordert sind oder sich nicht selbst darum kümmern wollen.

Doch der Markt ist hart umkämpft. Mit der Digitalisierung der Verwaltung, wachsender Konkurrenz wie WISO oder Smartsteuer und dem Druck, langfristig profitabel zu werden, stehen neue Herausforderungen an. Genau hier soll Waeber ihre Stärken ausspielen.

Produktentwicklung mit Plattform-Ambitionen

In ihrem neuen Job wird Waeber nicht nur für die Weiterentwicklung der App zuständig sein. Vielmehr soll sie das Produktangebot auf die nächste Stufe heben – weg von der reinen Einzelfallabwicklung, hin zu einer durchgängigen Steuerplattform.

Denkbar sind etwa Services für Freelancer, smarte Lohnsteuer-Abos oder eine Integration von Versicherungs- und Vorsorgethemen. Alles Bereiche, in denen Waeber bei N26 oder Kraken bereits Schnittstellen entwickelt hat.

Branchenumfeld: Fintechs auf der Suche nach Tiefe

Die Verpflichtung zeigt auch einen Branchentrend: Während viele Fintechs in der Gründungsphase auf maximale Reichweite, App-Downloads und einfache Nutzererfahrung setzen, verschiebt sich der Fokus zunehmend auf Tiefe, Nutzerbindung und Monetarisierung.

Eine starke Produktstrategie wird entscheidend – und damit Personalien wie die von Kristen Waeber zu strategischen Weichenstellungen.

Was jetzt zählt: Umsetzung

Mit dem doppelten Führungswechsel ist klar: Taxfix will kein schnelles Exit-Start-up mehr sein, sondern ein nachhaltiger Player im europäischen Steuertech-Markt. Die kommende Phase wird zeigen, ob das gelingt – und ob die neue Produktchefin das Versprechen einlösen kann, das mit ihrem Namen verknüpft ist: Nutzwert, Nutzerbindung, neues Wachstum.

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