Charité trifft sich selbst
Woran verdient ein Klinikchef mit über 18.000 Mitarbeitenden seinen Jahresbonus? Bei der Charité reichen dafür zwei Netzwerktreffen mit „interdisziplinären Akteuren“.
15 Prozent des Bonus von CEO Heyo Kroemer – immerhin rund 15.000 Euro – hängen allein an dieser Aufgabe. Weitere 20 Prozent gibt’s, wenn bis Jahresende eine neue Software eingeführt ist. Weder Patientenzahlen noch Behandlungsqualität spielen eine Rolle. Willkommen im öffentlichen Dienst 2.0.
OneDrive für 140.000 Euro
Bei den Berliner Wasserbetrieben hängt der Bonus der Personalvorständin Kerstin Oster zu einem Fünftel daran, ob sie das Microsoft-365-Paket vollständig ausrollt – inklusive persönlichem Cloud-Speicher.
Für 2023 kassierte sie insgesamt 388.000 Euro. Die Einführung eines Standard-Tools aus dem Büroalltag wird damit zur sechsstelligen Belohnung. Es geht nicht um Ergebniszahlen – sondern um symbolische Modernisierungsschritte, scheinbar für jeden Preis.
Schwimmbäder als Planungsbonanza
Noch absurder wird es bei den Berliner Bäder-Betrieben. Dort hängen 50 Prozent der Bonuszahlungen – bei einem Geschäftsführer immerhin 58.000 Euro – daran, ob Planungsaufträge für Außenbecken erteilt werden.

Nicht deren Umsetzung, nicht der Bau, nicht der Betrieb. Allein das Abschicken von Ausschreibungen für ein Becken bringt den halben Bonus. Und: Nur wenn der Aufsichtsrat zuvor zustimmt. Verwaltungsprosa auf dem Gipfel ihrer Ironie.
Sozialstunden fürs Vorstandsgeld
Bei der Gesobau AG, einer der großen städtischen Wohnungsbaugesellschaften mit über 52.000 Wohnungen, zählt auch das ehrenamtliche Engagement der Belegschaft zur Bonusgrundlage. 1400 Stunden soziales Engagement durch die Mitarbeitenden bringen dem Vorstand fünf Prozent Bonus.
Das klingt nobel – ist aber schwer messbar, kaum beeinflussbar und bringt bei 70.000 Euro Bonus immerhin 3.500 Euro obendrauf. Die Frage, wer sich da eigentlich für wen engagiert, bleibt offen.
Reinigungsprämien für saubere Straßen
Die Chefin der Berliner Stadtreinigung bekommt jährlich 163.000 Euro Bonus – 15 Prozent davon für die Entwicklung eines Bioabfallkonzepts. Ziel ist es, „möglichst mehr, aber nicht schlechteren Müll“ zu sammeln.
Kein Scherz. Auch das Sauberkeitsniveau Berlins spielt mit hinein – allerdings nicht gemessen am Stadtbild, sondern an der Erstellung von Empfehlungen für 2026. Zukunftsfähige Strategie? Eher Zukunft als Fiktion.
Ein System ohne Leistungsmessung
Was all diese Fälle verbindet, ist nicht nur die kreative Bonusdefinition. Es ist der bemerkenswerte Verzicht auf betriebswirtschaftliche Kennzahlen. Keine Rede von EBIT, Cashflow oder Produktivität.
Stattdessen zählen Checklisten, politische Wunschprojekte oder symbolische Digitalisierungsschritte – alles kurzzyklisch, kaum skalierbar, selten überprüfbar. Und das alles bei Unternehmen mit Milliardenumsätzen – querfinanziert durch die Allgemeinheit.
Kopfschütteln statt Kontrolle
In der freien Wirtschaft wären solche Zielvorgaben undenkbar. Boni sollen Leistung honorieren, nicht Wohlverhalten gegenüber der Verwaltung. Doch in Berlin wird die Bonus-Logik auf den Kopf gestellt. Die größte Belohnung erhalten nicht diejenigen, die Mehrwert schaffen, sondern jene, die Checklisten abhaken. Dass dies ausgerechnet mit Steuergeld geschieht, macht es nicht nur fragwürdig – sondern politisch brisant.
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