Ein Konzern zwischen Euphorie und Zyklus
Micron Technology gehört zu den größten Herstellern von DRAM- und NAND-Speichern – Bauteile, die in Servern, Smartphones und zunehmend in KI-Systemen gebraucht werden.
Nach Jahren der Durststrecke profitiert der Konzern aktuell vom globalen Investitionsschub in Rechenzentren und High-Performance-Computing. Entsprechend hoch sind die Erwartungen: Analysten rechnen mit einem Gewinn von 2,81 US-Dollar je Aktie, mehr als das Dreifache des Vorjahreswerts von 0,79 Dollar. Der Umsatz soll um fast 44 Prozent auf 11,16 Milliarden Dollar steigen.
Vom Krisenkind zum KI-Gewinner
Noch 2022 galt Micron als Sorgenkind der Branche, belastet durch Überkapazitäten und Preisverfall. Heute ist das Bild ein anderes: Die Nachfrage nach Hochleistungsspeichern für Nvidia-GPUs und andere KI-Beschleuniger hat die Preise wieder steigen lassen.
Der Gewinn im gesamten Geschäftsjahr dürfte bei 8,06 US-Dollar pro Aktie landen – ein Sprung gegenüber nur 0,70 Dollar im Vorjahr. Auch beim Umsatz signalisiert der Markt einen historischen Anstieg von 25,11 auf 37,16 Milliarden Dollar.
Die Tücken des Speicherzyklus
So beeindruckend die Zahlen klingen, so fragil bleibt das Geschäftsmodell. Speicherchips gelten traditionell als hochzyklisch: Eine Welle neuer Kapazitäten in Asien oder ein Abflauen der Nachfrage kann Preise binnen Monaten nach unten drücken.
Schon jetzt warnen einige Marktbeobachter, dass sich die starke Rally von Micron-Aktien (plus über 70 Prozent in den vergangenen zwölf Monaten) von der fundamentalen Entwicklung entkoppeln könnte.
Politik und Geopolitik als Unsicherheitsfaktoren
Hinzu kommen politische Risiken. Die US-Regierung drängt auf weniger Abhängigkeit von China, was Micron einerseits Fördergelder aus dem CHIPS Act einbringt, andererseits aber Absatzmärkte im Reich der Mitte gefährdet. Chinesische Behörden hatten Micron-Produkte 2023 zeitweise aus kritischen Infrastrukturen verbannt – ein Vorgeschmack auf mögliche Handelskonflikte.
Erwartungsdruck auf das Management
Für das Management um CEO Sanjay Mehrotra bedeutet das Zahlenwerk mehr als nur eine Quartalsbilanz. Anleger erwarten klare Aussagen, wie Micron die Sonderkonjunktur im KI-Bereich nachhaltig in stabile Erträge übersetzen will. Ohne strategische Investitionen in Technologie- und Produktführerschaft könnte der „KI-Bonus“ schnell verpuffen.
Investment-These auf dem Prüfstand
Für Investoren bleibt Micron damit eine Wette auf zwei Faktoren: anhaltendes Wachstum im KI-Sektor und die Fähigkeit, die Volatilität des Speicherzyklus besser als die Konkurrenz abzufedern. Die morgigen Zahlen könnten zum Lackmustest werden – ob Micron die hohen Erwartungen erfüllt oder ob die Börse eine Abkühlung einpreist.
