Der Einschnitt fällt größer aus als erwartet
Lufthansa-Chef Carsten Spohr macht ernst. Statt wie zunächst vermutet 3000, streicht die Airline nun 4000 Stellen in der Verwaltung. Die Anpassung basiert auf neuen Zahlen: Statt 15.000 beschäftigt der Konzern in diesem Bereich rund 20.000 Mitarbeiter – damit steigt auch das Kürzungsziel.
Für den DAX-Konzern mit weltweit mehr als 100.000 Beschäftigten ist es die tiefste Verwaltungsreform seit Jahren. Spohr will die Kosten in diesem Bereich um 20 Prozent senken – und setzt dabei auf Digitalisierung, Automatisierung und zentralisierte Steuerung.
Projekt „Matrix Next Level“
Herzstück der Neuorganisation ist das Programm „Matrix Next Level“. Ziel: Synergien zwischen den verschiedenen Airline-Marken heben und Doppelstrukturen abbauen. Funktionen, die bislang jede Airline separat ausführte, sollen künftig zentralisiert werden.
Das Management hat dafür drei klare Kriterien festgelegt: Eine Funktion bleibt nur dann, wenn sie für den Kunden unverzichtbar ist, regulatorisch vorgeschrieben oder nachweislich Kosten spart. Alles andere fällt weg.
IT als Hauptopfer
Besonders hart trifft es die IT-Sparte. Nach Informationen aus Unternehmenskreisen sollen allein hier bis zu 2000 Stellen wegfallen – also die Hälfte des gesamten Abbaus. Unter Technikvorständin Gracia Vittadini läuft das Restrukturierungsprojekt „One IT“, das Prozesse vereinheitlichen und die Verwaltung verschlanken soll.

Damit setzt Lufthansa auf Effizienz, riskiert jedoch Reibungsverluste. Kritiker warnen: Die Airline könnte mit zu starken Kürzungen in der IT ihre digitale Transformation selbst gefährden.
Höhere Renditeziele – trotz Sparkurs
Parallel zum Stellenabbau schraubt das Management die Gewinnziele nach oben. Statt acht Prozent strebt Lufthansa mittelfristig nun eine operative Marge von acht bis zehn Prozent an. Für das laufende Jahr rechnet der Konzern mit einem bereinigten EBIT deutlich über dem Vorjahreswert von 1,6 Milliarden Euro.
Aktionäre sollen weiterhin eine Dividende von 20 bis 40 Prozent des Gewinns erwarten können – ein klares Signal an die Märkte, dass Kostensenkungen vor allem den Renditehunger der Investoren bedienen sollen.

Sozialpartnerschaft als Feigenblatt?
Offiziell betont Lufthansa, der Abbau werde „sozialverträglich“ erfolgen. Entlassungen sollen in enger Abstimmung mit den Arbeitnehmervertretern ablaufen. Doch ob sich das Versprechen einlösen lässt, bleibt offen – insbesondere angesichts der Dimension in der IT.
Die meisten Jobs verschwinden in Deutschland, wo die Verwaltungsschwerpunkte liegen. Damit steigt das Risiko von Konflikten mit Gewerkschaften und Betriebsräten.
Drohender Pilotenstreik
Während Lufthansa den Umbau verkündet, steht die nächste Belastungsprobe bereits an: Die Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit lässt ihre Mitglieder bei der Kern-Airline und bei Lufthansa Cargo über einen Streik abstimmen. Streitpunkt sind die Betriebsrenten, die die Unternehmensführung als „unbezahlbar“ ablehnt.
Sollte die Urabstimmung am Dienstag ein Streikmandat bringen, droht Lufthansa mitten in der Umbauphase eine neue Eskalation im Arbeitskampf – mit potenziell hohen Kosten.
Starker Schlusspunkt
Lufthansa will mit dem Abbauprogramm ihre Strukturen modernisieren und die Rendite erhöhen. Doch der Preis ist hoch: 4000 Menschen verlieren ihren Arbeitsplatz, die IT wird drastisch ausgedünnt, und parallel könnte ein Streik den Betrieb lähmen.
Für den Konzern ist der Umbau eine Wette: auf Effizienz, auf Kostendisziplin – und auf das Verständnis der Belegschaft. Ob sie aufgeht, wird sich nicht nur in der Bilanz zeigen, sondern auch im sozialen Frieden des Unternehmens.
