26. Juli, 2025

Quartalszahlen

Lloyds übertrifft Erwartungen, doch dunkle Wolken ziehen auf

Trotz trüber Konjunktur und steigender Kreditausfälle meldet die größte Hypothekenbank Großbritanniens einen Gewinnsprung. Doch hinter den guten Zahlen verstecken sich gleich mehrere Risikofaktoren – allen voran ein drohender Provisionsskandal.

Lloyds übertrifft Erwartungen, doch dunkle Wolken ziehen auf
Lloyds verdient mit 3,5 Mrd. Pfund mehr als erwartet – doch Analysten warnen: Die wahre Belastung könnte erst noch kommen.

Stärker als erwartet – aber nicht stärker als die Zweifel

Im Grunde hätte alles gut laufen können: 3,5 Milliarden Pfund Vorsteuergewinn im ersten Halbjahr, satte fünf Prozent mehr als im Vorjahr, eine kräftige Zwischendividende, die 15 % über dem Vorjahreswert liegt – und die Analystenprognose von 3,2 Milliarden Pfund klar übertroffen.

Lloyds Banking Group - Error

Für die britische Lloyds Banking Group, das Schwergewicht im Hypothekengeschäft des Vereinigten Königreichs, ist das eine ordentliche Bilanz. Nur: So richtig traut dem Zahlenwerk niemand.

Quelle: Eulerpool

Denn das starke Ergebnis wird gleich von mehreren Risiken überschattet. Da wären zum einen die dramatisch gestiegenen Kreditabschreibungen: 442 Millionen Pfund muss Lloyds in den Büchern neu bewerten – das ist mehr als viermal so viel wie noch vor einem Jahr. Und das, obwohl die Bank nicht offenlegt, welche Branche genau dahintersteht. Ein Warnzeichen.

Solide Bilanz, fragiler Unterbau

Auf den ersten Blick zeigt sich Lloyds stabiler als viele Rivalen. Die Bank verweist auf ein robusteres Zinsumfeld, eine leichte Entspannung am Immobilienmarkt und eine weiter solide Nachfrage nach Baufinanzierungen. Auch am Aktienmarkt kam die Nachricht gut an – zunächst.

Quelle: Eulerpool

Doch ein genauerer Blick zeigt: Die Belastungen nehmen zu. Der britische Arbeitsmarkt kühlt sich spürbar ab, die Insolvenzen nehmen zu, und auch der Konsum schwächelt – spätestens seit der BoE im Mai den Leitzins auf 5,25 % belassen hat und damit signalisiert, dass die Zinssenkungen auf sich warten lassen. Das trifft Kreditnehmer wie Banken gleichermaßen.

Lloyds selbst erwartet für den Rest des Jahres steigende Arbeitslosigkeit. Gleichzeitig sieht sie die Hauspreise wieder stabiler – ein zarter Hoffnungsschimmer für das Kerngeschäft.

Ein schwelender Skandal, der Milliarden kosten könnte

Doch der eigentliche Sprengsatz liegt ganz woanders: Ein Gerichtsurteil zu möglichen Rückerstattungen bei Autokredit-Provisionen steht bevor – und könnte der gesamten Branche teuer zu stehen kommen.

Analysten beziffern das potenzielle Risiko auf bis zu 30 Milliarden Pfund. Lloyds gilt als besonders exponiert, da sie in der Vergangenheit stark im Markt für Autofinanzierungen engagiert war.

Konkret geht es um sogenannte „discretionary commissions“ – versteckte Aufschläge auf Autokredite, über die Vermittler mehr verdienen konnten, wenn sie dem Kunden höhere Zinssätze verkauften. Eine Praxis, die rechtlich auf wackligen Beinen steht. Sollte das Gericht entscheiden, dass diese Zahlungen rückabzuwickeln sind, könnte das Lloyds teuer zu stehen kommen.

Quelle: Eulerpool

Noch hält sich die Bank bedeckt, Rückstellungen für den Fall eines Urteils sind bislang nicht sichtbar. Doch in London wächst die Nervosität. Eine Welle von Sammelklagen gilt als wahrscheinlich, Verbraucherschützer stehen bereit.

Was wie eine juristische Fußnote klingt, könnte sich als der größte finanzielle Rückschlag seit der PPI-Krise (Payment Protection Insurance) entpuppen, die den britischen Banken über Jahre hinweg Milliarden kostete.

Dividende trotz drohender Rückschläge

Umso erstaunlicher erscheint es, dass Lloyds dennoch an ihrer Ausschüttungspolitik festhält. 1,22 Pence je Aktie – das ist nicht nur ein Signal an die Märkte, sondern auch eine Wette auf die eigene Widerstandsfähigkeit. In einer Phase, in der viele Institute ihre Rücklagen erhöhen und vorsichtiger planen, setzt Lloyds auf Kontinuität. Ob das Mut oder Übermut ist, wird sich zeigen.

Bisher geht der Plan auf. Die Bank kommuniziert klar, hält an ihren Jahreszielen fest und signalisiert Gelassenheit. Auch die Kapitalausstattung bleibt stabil, der CET1-Wert liegt mit rund 13,7 % im sicheren Bereich. Nur: Das war auch vor früheren Krisen so.

Das könnte Sie auch interessieren:

Commerzbank unter Kontrolle? Unicredit plant ab 2026 die Bilanzkonsolidierung
Die italienische Großbank Unicredit stockt ihre Anteile an der Commerzbank weiter auf und will spätestens ab dem kommenden Jahr Gewinne und Entscheidungen der Frankfurter bei sich konsolidieren. Für Andrea Orcel ist das ein strategischer Schachzug – für die Commerzbank ein Verlust an Autonomie.