Das Timing ist auffällig. Nur wenige Tage nach dem spektakulären Börsengang von Circle beginnt in der Kryptoindustrie eine neue IPO-Welle, die noch vor kurzem kaum jemand für möglich gehalten hätte.
Nach den Recherchen der InvestmentWeek ist es nicht mehr die Frage, ob weitere Kryptofirmen den Sprung aufs Parkett wagen – sondern nur noch wann. Mehrere Listings könnten bereits 2025 Realität werden.
Circle: IPO mit Signalwirkung für die gesamte Branche
Der IPO der Circle Internet Group Anfang Juni war mehr als nur ein Börsendebüt — er war eine Initialzündung. Der Betreiber des Stablecoins USDC platzierte seine Aktien zunächst zu 31 US-Dollar, um nur Stunden später in den dreistelligen Bereich zu schnellen.
Zum Börsenschluss notierte die Aktie bei 83,23 Dollar, ein Plus von knapp 170 Prozent am ersten Handelstag. Inzwischen liegt der Kurs stabil über 100 US-Dollar.
Die Bewertungsexplosion bei Circle – inzwischen mehr als 16 Milliarden Dollar – sorgt nun für einen Dominoeffekt in der gesamten Branche. Für viele Kryptofirmen, die jahrelang auf regulatorisches Neuland und unberechenbare Märkte starrten, scheint das IPO-Fenster jetzt weit offen zu stehen.
Gemini will es wissen
Am 6. Juni, nur wenige Tage nach dem Circle-IPO, reichte auch die US-Kryptobörse Gemini ihren Antrag auf einen Börsengang bei der amerikanischen Börsenaufsicht SEC ein — vertraulich, aber nach InvestmentWeek-Recherchen mit klarer Absicht auf einen Listing-Versuch noch 2025.
.@Gemini IPO confirmed, welcome to the golden age of crypto IPOs pic.twitter.com/VXabcjt47Z
— Robert Sun 🇨🇦 🇺🇸 (@roberrtsun) June 6, 2025
Für die Gründer, Cameron und Tyler Winklevoss, ist es der bislang größte unternehmerische Schritt. Die Zwillinge sind in der Finanzszene keine Unbekannten: Bekannt durch den Rechtsstreit mit Facebook-Gründer Mark Zuckerberg, frühzeitig in Bitcoin investiert, nun an der Spitze einer der bekanntesten Kryptobörsen der USA.
Bereits 2021 wurde Gemini mit rund sieben Milliarden US-Dollar bewertet. In einem freundlicheren Börsenumfeld könnte diese Marke nun deutlich übertroffen werden.
„Der Schritt von Gemini bestätigt die Einschätzung, dass sich kryptobasierte Unternehmen vermehrt den öffentlichen Märkten öffnen“, kommentiert Kat Liu, Vizepräsidentin von IPOX, gegenüber Reuters. Genaue IPO-Details – Bewertung, Volumen, Zeitschiene – bleiben noch unter Verschluss. Doch nach den uns vorliegenden Informationen könnte der IPO durchaus innerhalb der kommenden Monate stattfinden.
Bullish: Peter Thiels Kryptobörse wagt zweiten Anlauf
Auch Bullish, ein weiterer prominenter Player der Branche, drängt erneut in Richtung Börse. Hinter dem Unternehmen steht kein Geringerer als Investor Peter Thiel. Bereits 2021 hatte Bullish einen ersten Versuch via SPAC gestartet – der seinerzeit scheiterte.
Doch die Ausgangslage hat sich gewandelt. Laut Informationen der Financial Times, die auch der InvestmentWeek vorliegen, wurden vertrauliche IPO-Unterlagen bei der SEC eingereicht.
Der erneute Anlauf kommt nicht überraschend: Der Markt zeigt sich derzeit aufnahmefähig, die Liquidität ist vorhanden, das Interesse institutioneller Investoren wächst. Besonders nach dem Erfolg von Circle wittern viele eine günstige Gelegenheit.
IPO-Fenster bleibt offen – aber nicht grenzenlos
Nach Einschätzung der InvestmentWeek sprechen mehrere Faktoren für die plötzliche Dynamik: stabile Kryptopreise, zunehmende Akzeptanz durch institutionelle Anleger, regulatorische Fortschritte in den USA sowie positive Kapitalmarktaussichten für Tech- und FinTech-Werte.
Doch das Momentum könnte endlich sein. „Krypto bleibt ein hochvolatiles Segment mit enormen Bewertungsrisiken. Die regulatorische Landschaft entwickelt sich weiter, Geschäftsmodelle müssen nachhaltig tragfähig sein. Anleger sollten den spekulativen Charakter solcher IPOs nicht unterschätzen“, sagt ein führender IPO-Analyst gegenüber der InvestmentWeek.
Zudem könnte das aktuelle Zeitfenster schnell wieder schließen, sollte das IPO-Fieber zu Übertreibungen führen. Historische Vergleiche mit der SPAC-Welle 2020/2021 liegen nahe: Auch damals führte überschießende Euphorie später zu herben Rückschlägen.
US-Regierung, ETFs und institutionelle Nachfrage als Treiber
Ein weiterer Treiber der aktuellen IPO-Welle: die wachsende institutionelle Legitimation von Bitcoin und Stablecoins. Mehrere Bitcoin-Spot-ETFs haben in den USA grünes Licht erhalten, BlackRock, Fidelity & Co. sind aktiv investiert.
Selbst die US-Regierung unter Donald Trump denkt öffentlich über nationale Krypto-Reserven nach — ein Signal, das institutionellen Anlegern zusätzliche Sicherheit vermittelt.
Stablecoins wie USDC, die Circle verwaltet, gewinnen zudem im globalen Zahlungsverkehr an Bedeutung. Damit öffnen sich nicht nur Märkte für Spekulanten, sondern auch für ernsthafte Geschäftsmodelle im Zahlungsverkehr, Kreditwesen und digitalen Kapitalmarkt.
Die InvestmentWeek erwartet erste Notierungen bereits im zweiten Halbjahr 2025
Nach unseren Recherchen könnte Gemini noch im vierten Quartal 2025 an die Börse gehen. Bullish dürfte zeitnah folgen, möglicherweise noch in diesem Jahr. Weitere Kandidaten aus dem Krypto- und FinTech-Sektor prüfen derzeit ebenfalls Börsenpläne, darunter spezialisierte Zahlungsdienstleister und Blockchain-Infrastruktur-Anbieter.
Der IPO-Zug rollt – noch. Doch wie lange er Fahrt hält, wird maßgeblich von Marktstimmung, Bewertungen und regulatorischen Entwicklungen abhängen.
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