29. Mai, 2025

Börse

Kreislaufwirtschaft: Die grüne Renditeformel der Zukunft?

Der ETF „BNP Paribas Easy ECPI Circular Economy Leaders“ verspricht Anlegern Zugang zu einem der größten Nachhaltigkeitstrends der kommenden Dekade – und setzt auf Firmen, die Müll in Wachstum verwandeln. Doch lohnt sich der Einstieg wirklich?

Kreislaufwirtschaft: Die grüne Renditeformel der Zukunft?
Der ETF setzt auf das Prinzip der Ressourcenschonung. Doch viele enthaltene Unternehmen wie SAP oder Nvidia sind primär Tech-Konzerne – keine reinen Kreislaufpioniere.

Rohstoffkrise trifft Gewinnchance

Während die Weltbevölkerung wächst und Ressourcen schrumpfen, steigt der Druck auf Unternehmen, nachhaltiger zu wirtschaften. Die Idee der Kreislaufwirtschaft – also Produkte nicht wegzuwerfen, sondern sie zu reparieren, zu teilen oder zu recyceln – wirkt dabei zunehmend wie eine logische, wenn nicht zwingende Antwort.

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Für Anleger hat das eine überraschende Konsequenz: Aus Müll, Abfall und altem Elektroschrott könnte eine der lohnendsten Investmentgeschichten dieses Jahrzehnts entstehen.

Ein ETF für die Abfallvermeider

Genau hier setzt der ETF von BNP Paribas an. Er versammelt 50 börsennotierte Unternehmen, die Pioniere der Kreislaufwirtschaft sein wollen – von Recycling-Spezialisten wie Waste Management bis zu Softwaregiganten wie SAP, die digitale Infrastrukturen für ressourcenschonendes Wirtschaften liefern.

Die Titel sind gleichgewichtet, was eine gewisse Diversifikation ermöglicht. Mit einer Gesamtkostenquote von 0,30 % bleibt der ETF auch kostenbewusst. Das Konzept ist klar: Nicht der Besitz zählt, sondern die Nutzung – vom Carsharing bis zur Industrieanlage im Abo.

Analysten sehen bis 2030 ein Potenzial von 4,5 Billionen Dollar durch Kreislaufwirtschaft. Doch der ETF ist stark westlich fokussiert – Innovationen aus Asien fehlen weitgehend.

Trend oder Hype?

Die Wachstumsfantasie ist vorhanden. Laut Prognosen der Ellen MacArthur Foundation könnte die globale Umstellung auf zirkuläre Prozesse bis 2030 ein zusätzliches BIP-Wachstum von 4,5 Billionen US-Dollar freisetzen.

Und: Die EU macht ernst. Mit dem Green Deal und einer geplanten Recyclingquote von 24 % bis 2030 gibt es politischen Rückenwind.

Doch wie stabil ist das Fundament? Der ETF ist stark auf Europa und Nordamerika fokussiert – Schwellenländer, in denen besonders viele Recyclinginnovationen entstehen, sind unterrepräsentiert.

Zudem ist die Reife vieler Geschäftsmodelle ungleich verteilt: Während bei SAP oder Schneider Electric stabile Umsätze und ESG-Ratings locken, bleibt bei jungen Rohstoffrückgewinnern die Wirtschaftlichkeit oft spekulativ.

Abfall als Assetklasse?

Auffällig: Rund ein Viertel des ETF-Portfolios steckt in Industrieunternehmen, viele davon aus der Recyclingbranche oder der energieeffizienten Gebäudetechnik.

Ein weiteres Fünftel entfällt auf Basiskonsumgüter – etwa L’Oréal, das mit nachfüllbaren Verpackungen wirbt, oder Heineken, das mit wiederverwertbaren Bierflaschen punktet.

Tech-Werte wie Nvidia oder Autodesk sorgen für die digitale Komponente, indem sie etwa die Kreislaufprozesse designen, modellieren oder mit KI steuern helfen.

Risiken nicht aus dem Blick verlieren

Trotz der positiven ESG-Signale sollten Anleger wachsam bleiben. Der ETF ist thematisch fokussiert und damit anfällig für regulatorische Rückschläge, etwa wenn geplante Förderprogramme gestrichen oder Umweltgesetze verwässert werden.

Hinzu kommt: Die Kategorisierung von „kreislauffähigen“ Geschäftsmodellen ist nicht immer eindeutig. Was für das Marketing nachhaltig klingt, ist in der Realität oft Greenwashing im Tech-Gewand.

Zudem liegt die Risikokennzahl laut BNP Paribas bei Stufe 4 von 7 – also im mittleren Bereich. Und da der ETF physisch repliziert, unterliegt er zusätzlich dem Marktrisiko der zugrunde liegenden Einzeltitel. Bei fallenden Märkten, etwa im Industriesektor, können auch die besten Absichten nicht vor Verlusten schützen.

Sinnvoll investieren – aber mit Verstand

Der Circular Economy Leaders ETF ist kein Allheilmittel für den Klimawandel. Aber er bietet Anlegern eine Möglichkeit, von der zunehmenden Ressourcenknappheit, politischen Transformationen und gesellschaftlichen Umbrüchen zu profitieren – wenn auch mit Augenmaß.

Wer überzeugt ist, dass die Wirtschaft der Zukunft nicht linear, sondern kreislauffähig sein muss, findet in diesem ETF einen plausiblen Einstiegspunkt.

Ob es tatsächlich „die“ Investmentchance der Dekade ist, wird sich zeigen. Sicher ist nur: In einer Welt mit endlichen Ressourcen ist Effizienz nicht nur ökologisch geboten – sondern wirtschaftlich längst eine Währung für sich.

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