Die jüngsten Parlamentswahlen in Portugal endeten mit einem eindeutigen Triumph für die konservative Aliança Democrática (AD) und Ministerpräsident Luís Montenegro. Dennoch wurden die Wahlen von einem beachtlichen Aufstieg der rechtspopulistischen Partei Chega überschattet, deren Einfluss weiterhin wächst. Gegründet erst vor sechs Jahren, konnte Chega sich zur zweitstärksten politischen Macht in der 'Assembleia da República' etablieren. Die portugiesischen Medien bezeichnen dieses Ergebnis als historisch, während der TV-Sender CMTV bereits von einer 'existentiellen Bedrohung' für die traditionellen Parteien spricht. Auch international erregt dieser politische Umschwung Aufsehen, da Publikationen wie 'El País' aus Spanien die Ergebnisse als 'Revolution' bewerten.
In der dritten Neuwahl seit 2022 erzielte die Aliança Democrática rund 33 Prozent der Stimmen, was eine Steigerung von etwa vier Prozentpunkten im Vergleich zur Wahl im März 2024 darstellt. Gleichzeitig erlangte Chega, unter der Führung des charismatischen André Ventura, einen Stimmenanteil von über 22,5 Prozent. Dies verschaffte ihnen wenigstens 58 der insgesamt 230 Parlamentssitze, ein Ergebnis, das zu einer Patt-Situation mit den sozialistischen Parteien (PS) führte, die ebenfalls 58 Sitze verzeichneten. Es wird erwartet, dass die traditionell rechtspopulistischen Auslandsstimmen das Gleichgewicht möglicherweise noch weiter verändern könnten.
André Ventura, der Gesicht und Stimme von Chega, sieht in diesen Ergebnissen das Ende des Zweiparteiensystems als historische Zäsur. Selbstbewusst verkündete er, dass eine Übernahme der Regierungsverantwortung in naher Zukunft bevorstehen könnte. Der von den Medien als 'Hurrikan' beschriebene Ventura steht symbolhaft für die zunehmende Wechselstimmung in Portugal, die das politische Klima des Landes verändert.
Pedro Nuno Santos, der Vorsitzende der Sozialisten, zog nach dem schlechtesten Ergebnis für seine Partei seit 1987 die Konsequenzen und trat von seinem Amt zurück. Diese innerparteilichen Spannungen verschärfen die Krise innerhalb der PS weiter und werfen zusätzliche Fragen über die politische Zukunft der Partei auf.
Trotz des Wahlsiegs bleibt für die Aliança Democrática der Traum von einer absoluten Mehrheit unerfüllt. Eine potenzielle Kooperation mit Chega ist von Montenegro kategorisch ausgeschlossen – die politische 'Brandmauer' zwischen den Parteien bleibt bestehen. Eine eventuell folgende Minderheitsregierung könnte den politischen Alltag in Portugal jedoch instabil machen, da eine Koalition mit den Sozialisten eher unwahrscheinlich erscheint.
Die Regierungsbildung könnte sich daher verzögern, ähnlich wie nach der Wahl 2024. Ministerpräsident Montenegro muss sich Unterstützung aus alternativen politischen Lagern sichern, bevor Präsident Marcelo Rebelo de Sousa ihn erneut zum Regierungschef ernennen kann. In diesem Zusammenhang gilt die liberale 'Iniciativa Liberal', die bei der Wahl den vierten Platz belegte, als möglicher Koalitionspartner.
Die aktuellen politischen Entwicklungen sind jedoch auch von Kontroversen begleitet. Ministerpräsident Montenegro sieht sich Anschuldigungen gegenüber, dass die Beratungsfirma Spinumviva unrechtmäßige Vorteile aus seiner politischen Stellung gezogen haben könnte. Diese Vorwürfe erhalten trotz ihrer geringen Beachtung im Wahlkampf weiterhin mediale Aufmerksamkeit und könnten Montenegro noch gefährlich werden. Die linke Opposition erwägt die Einsetzung einer parlamentarischen Untersuchungskommission, und auch die Justiz zeigt Interesse, die durch eine anonyme Anzeige ausgelöste Vorwürfe genauer zu untersuchen.