Hewlett Packard Enterprise (HPE) meldet überraschend solide Umsätze – und verdankt das vor allem einem Trend, der gerade die halbe Tech-Welt elektrisiert: generative Künstliche Intelligenz. Im zweiten Geschäftsquartal stieg der Umsatz des kalifornischen Server-Herstellers währungsbereinigt um sechs Prozent auf 7,63 Milliarden US-Dollar.

Damit übertraf HPE die Erwartungen der Analysten deutlich. Doch die Euphorie hat Schatten. Während das Geschäft wächst, sinkt der Gewinn je Aktie um zehn Prozent auf 38 Cent. Und eine milliardenschwere Wertberichtigung wirft grundsätzliche Fragen auf.
Mehr Umsatz, weniger Marge
Was auf den ersten Blick nach einem Aufschwung aussieht, entpuppt sich bei näherem Hinsehen als zweischneidige Entwicklung. Zwar liegt HPE mit seinen Erlösen über den Schätzungen – doch das operative Ergebnis schwächelt. Die Margen geraten unter Druck, die Profitabilität bröckelt.
Der Quartalsgewinn war nicht nur rückläufig, sondern wurde zudem durch eine Wertminderung von 1,35 Milliarden Dollar belastet. HPE begründet dies mit strategischen Neubewertungen – Analysten sehen darin ein Symptom für die wachsende Unsicherheit im Rechenzentrumsmarkt.
KI-Hype treibt Nachfrage – aber wie nachhaltig?
Der eigentliche Treiber des Wachstums ist ein altbekannter Hype in neuem Gewand: generative KI.
Der Siegeszug von Anwendungen wie ChatGPT oder Claude hat einen globalen Wettlauf in Gang gesetzt – wer kann die größten, schnellsten, effizientesten Modelle trainieren? Dafür braucht es Rechenzentren. Viele davon. Und genau das ist HPEs Geschäft: Server liefern, Speicher bereitstellen, Infrastrukturen ausbauen.
Doch was passiert, wenn der Hype die Realität überholt? Erste Risse zeigen sich bereits. Ausgerechnet aus China kam kürzlich ein technologischer Dämpfer: Das dort entwickelte KI-Modell DeepSeek zeigt, dass hochleistungsfähige KI-Anwendungen auch mit deutlich weniger Rechenleistung auskommen können als im Westen üblich. Für die Industrie ist das ein Warnsignal.
Müssen wirklich all die gigantischen Rechenzentren gebaut werden, auf die HPE, Dell & Co. gerade setzen?
Harter Wettbewerb, steigender Druck
HPE steht längst nicht allein auf dem Spielfeld. Die Konkurrenz durch Dell Technologies, Super Micro Computer und andere Serverhersteller nimmt spürbar zu – preislich wie technologisch.
Während HPE auf umfassende Hardwarelösungen für Rechenzentren setzt, punkten Wettbewerber zunehmend mit modularen, flexibleren Architekturen. Der Preisdruck steigt, die Innovationszyklen werden kürzer.
Hinzu kommt ein strukturelles Problem: Während die Nachfrage nach spezialisierten KI-Servern kurzfristig boomt, fehlt es HPE an klaren Differenzierungsmerkmalen.
Der Konzern versucht, sich mit maßgeschneiderten Lösungen und Cloud-nahen Angeboten wie „GreenLake“ zu positionieren – doch der Markt bleibt fragmentiert, die Margen sinken. Wachstum um jeden Preis, lautet die Devise – selbst wenn die Profitabilität darunter leidet.
Der nächste Zyklus wird ungemütlich
Für das dritte Quartal prognostiziert HPE einen Umsatz zwischen 8,2 und 8,5 Milliarden Dollar. Das klingt ambitioniert – und ist es auch. Die Erwartungen der Analysten wurden bewusst übertroffen, die Anleger reagierten wohlwollend.
Doch unter der Oberfläche brodelt es. Eine Phase gedämpfter Investitionen oder technischer Ernüchterung im KI-Sektor – und die Nachfrage könnte schlagartig einbrechen.
Zudem wirft die massive Wertberichtigung Fragen nach der langfristigen Strategie auf. Warum jetzt – und warum in dieser Höhe? Der Markt wertet dies als Zeichen, dass frühere Investitionen nicht den erhofften Return on Investment brachten.
Es ist nicht die erste – und wird wohl nicht die letzte – Korrektur im boomenden, aber unsicheren KI-Infrastrukturmarkt sein.
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