Was das KGV eigentlich misst
Das Prinzip ist leicht erklärt: Der Aktienkurs wird durch den Gewinn je Aktie geteilt. Heraus kommt eine Zahl, die angibt, wie viele Jahre es dauern würde, bis sich die Investition allein durch Unternehmensgewinne rechnerisch auszahlt. Ein KGV von 10 bedeutet: zehn Jahre bis zum rechnerischen Break-even. Ein Wert von 30 signalisiert: Der Markt zahlt heute das 30-Fache der Jahresgewinne.

Damit wird klar: Das KGV ist keine magische Formel, sondern ein grobes Thermometer für Erwartungen. Ein niedriges KGV kann auf Unterbewertung hindeuten, ein hohes KGV oft auf Wachstumsfantasie – oder auf Euphorie, die sich nicht erfüllt.
Warum Buffett hinschaut – aber nie blind vertraut
Warren Buffett, der berühmteste Value-Investor der Welt, hat das KGV stets als ersten Prüfstein genutzt. Gemeinsam mit anderen Kennzahlen zeigt es ihm, ob eine Aktie auf den ersten Blick günstig wirkt. Doch Buffett wäre nicht Buffett, wenn er beim oberflächlichen Blick stehen bliebe.
Er betont seit Jahrzehnten: „Preis ist, was du zahlst – Wert ist, was du bekommst.“ Ein niedrigeres KGV kann ein Schnäppchen sein, muss es aber nicht. Erst wenn das Geschäftsmodell robust ist, die Verschuldung tragfähig und die Marktstellung langfristig gesichert, wird aus einer Zahl ein Investment.
Grenzen der Kennzahl
Das KGV erzählt nur einen Teil der Wahrheit. Unternehmen mit hohem Investitionsbedarf – etwa in Industrie oder Infrastruktur – sehen auf dem Papier oft teuer aus. Wachstumsfirmen wiederum rechtfertigen ein hohes KGV nur, wenn die Gewinne auch tatsächlich mitwachsen.
Dazu kommt: Gewinne sind manipulierbar. Bilanzierungstricks können den Gewinn pro Aktie aufblähen oder kleinrechnen – und damit auch das KGV verzerren. Wer allein auf diese Kennzahl schaut, läuft Gefahr, sich von Buchhaltungslogik täuschen zu lassen.
„Preis ist, was du zahlst – Wert ist, was du bekommst.“
Zusammenspiel mit anderen Indikatoren
Professionelle Investoren kombinieren das KGV deshalb mit weiteren Maßstäben. Das Kurs-Buchwert-Verhältnis (KBV) zeigt, wie teuer eine Firma im Vergleich zu ihren Eigenkapitalwerten bewertet wird. Die Eigenkapitalquote oder der Verschuldungsgrad verraten, wie solide ein Unternehmen finanziert ist. Cashflow-Kennzahlen geben Hinweise, ob der Gewinn wirklich in Geld fließt – oder nur auf dem Papier existiert.
Das KGV bleibt dabei eine Art Einstiegstür: Schnell, eingängig, aber erst im Kontext wirklich aussagekräftig.
Warum das KGV für Anleger unverzichtbar bleibt
Trotz aller Einschränkungen: Das KGV hat seinen Platz im Werkzeugkasten von Investoren. Es zwingt dazu, Preise mit Gewinnen zu vergleichen – und schützt damit vor einer der größten Gefahren an der Börse: blindem Herdentrieb.
Buffett, Graham und Co. nutzten es als Kompass, nie als Endpunkt. Genau darin liegt die Lehre für Privatanleger: Wer das KGV versteht, weiß, wo er genauer hinsehen muss.
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