Ein Schritt, der mehr Misstrauen sät als Vertrauen schafft
Die Erklärung kam an einem Montagmorgen – scheinbar beiläufig, und doch mit enormer politischer Sprengkraft. Das FBI und das US-Justizministerium erklärten in einem gemeinsamen Memorandum:
„Jeffrey Epstein hat sich 2019 in seiner Gefängniszelle das Leben genommen. Hinweise auf Mord oder Fremdeinwirkung gibt es nicht.“
Auch von einer angeblich existierenden Kundenliste prominenter Persönlichkeiten fehle jede Spur. Die Aussagen sind klar. Aber sie überzeugen nicht jeden.
Faktenlage: klarer als gedacht?
Demnach gebe es keine Videoaufnahmen, die eine dritte Person in Epsteins Zelle zeigen. Keine Spuren, keine DNA, keine Hinweise auf eine Verschwörung.
„Es gibt keine Audioaufnahmen, keine Fingerabdrücke, keine Komplizen. Nichts“, sagte Vize-FBI-Direktor Dan Bongino.
Bongino war früher selbst Teil des Verschwörungsmilieus, hatte Epstein öffentlich für „liquidiert“ erklärt. Jetzt steht er selbst an der Spitze jener Behörde, die den Fall für beendet erklärt.
Mehr als tausend dokumentierte Opfer seien in den Ermittlungen identifiziert worden. „Die Menge an Foto- und Videomaterial ist erschütternd“, heißt es im Bericht. Und doch: Öffentlich gemacht werden sollen diese Beweise nicht – aus Datenschutzgründen.

Ein nachvollziehbarer Schritt, der allerdings all jene auf den Plan ruft, die eine Vertuschung wittern.
Eine Liste, die nie existierte – oder nie existieren durfte?
Besonders für Aufsehen sorgt der Teil der Erklärung, der sich mit der angeblichen „Kundenliste“ befasst – einem Dokument, das laut früheren Aussagen von Justizministerin Pamela Bondi sogar „auf ihrem Schreibtisch“ gelegen haben soll.
Jetzt sagt sie: Missverständnis. Gemeint gewesen sei eine andere Akte. Auf Nachfrage rudern auch Sprecher des Weißen Hauses zurück.
Das rechtspopulistische Lager reagierte prompt. Influencer Jack Posobiec spricht von einem „Skandal der Aufklärung“ und „vorsätzlicher Irreführung der Öffentlichkeit“. Verschwörungstheoretiker Alex Jones mokiert sich: „Als Nächstes heißt es wohl, Epstein habe nie existiert.“ Elon Musk veröffentlichte ein Clown-Meme – seine Version politischer Kommentierung.
Politischer Schaden, der sich nicht reparieren lässt
Was von all dem bleibt, ist ein grundlegendes Problem: Ein Staat, der einen derart spektakulären Fall – mit belegtem Kindesmissbrauch, einem prominenten Täter und globaler Netzwerkanbindung – in einer nüchternen Pressemitteilung für beendet erklärt, wirkt nicht souverän, sondern überfordert.
Die Öffentlichkeit fragt sich: Warum wurden nicht von Anfang an alle verfügbaren Materialien veröffentlicht? Warum durfte Epstein überhaupt unbeobachtet sterben – in einem Gefängnis mit notorisch schlechter Sicherheitsbilanz? Und warum widersprechen sich die Aussagen führender Politiker so massiv?
Ein Schlussstrich ohne Schluss
Die Behörden haben ihren Bericht vorgelegt. Für die einen ist er das lang erwartete Ende einer grotesken Debatte. Für die anderen ist er der Anfang neuer Spekulationen. Dass die Wahrheit manchmal weniger zählt als der Eindruck, den sie hinterlässt, wird im Fall Epstein erneut zur Gewissheit.
Und so bleibt nach der finalen Erklärung der Eindruck zurück: Der Staat hat gesprochen – aber überzeugt hat er nicht.
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