21. Oktober, 2025

Global

Japan auf Rekordkurs – Nikkei knackt historische Marke, Anleger nehmen Gewinne mit

Politischer Rückenwind, Hoffnung auf Entspannung zwischen den USA und China und eine neue Regierungschefin in Tokio: Der japanische Aktienmarkt erklimmt ein Allzeithoch – doch erste Investoren treten bereits auf die Bremse.

Japan auf Rekordkurs – Nikkei knackt historische Marke, Anleger nehmen Gewinne mit
Globaler Rückenwind: Entspannungssignale zwischen den USA und China ließen auch den Hang-Seng-Index und den CSI 300 deutlich steigen – ein seltener Gleichlauf asiatischer Börsen.

Ein Rekordtag mit Nachgeschmack

Die Anzeigetafeln in Tokio leuchten grün: Der Nikkei 225 steigt am Dienstagmorgen kurzzeitig auf 49.971 Punkte – so hoch wie nie zuvor in der Geschichte des Index. Der Jubel währt jedoch nur kurz. Noch im Tagesverlauf setzen Anleger auf Gewinnmitnahmen, der Index schließt nahezu unverändert bei 49.334 Punkten.

Die Euphorie über den neuen Rekord bleibt damit gedämpft. Denn hinter dem Kursfeuerwerk steht weniger ein überraschender Aufschwung der japanischen Wirtschaft, sondern vor allem politische Impulse und globale Hoffnungen auf eine Beruhigung zwischen den Supermächten USA und China.

Politischer Rückenwind aus Tokio

Für neuen Optimismus sorgt Sanae Takaichi, Japans frisch gewählte Ministerpräsidentin. Die 64-Jährige gilt als Befürworterin einer lockeren Fiskalpolitik und will mit Konjunkturprogrammen die stagnierende Binnenwirtschaft wiederbeleben.

Ihre Regierung plant offenbar zusätzliche Investitionen in Infrastruktur und Technologie – ein Signal, das die Märkte jubeln lässt. „Takaichi steht für Kontinuität mit einem Hauch Reformgeist“, sagt Marktökonom Yusuke Matsuo von Mizuho Securities. „Die Hoffnung auf fiskalische Impulse ist der Hauptgrund für den Kursanstieg.“

Doch Matsuo warnt zugleich: Die Euphorie könnte kurzlebig sein. Japans strukturelle Probleme – eine alternde Bevölkerung, geringe Produktivitätszuwächse und hohe Staatsverschuldung – lassen sich nicht durch kurzfristige Marktstimmung lösen.

Handelsfrieden als Hoffnungsträger

Auch jenseits des Pazifiks kam Bewegung in die Märkte. US-Präsident Donald Trump zeigte sich am Montag überraschend zuversichtlich, mit Chinas Präsident Xi Jinping ein „faires Handelsabkommen“ erzielen zu können. Zugleich spielte er die Spannungen um Taiwan herunter – ein Konflikt, der in den vergangenen Monaten zu massiver Unsicherheit geführt hatte.

„Ich denke, wir werden ein sehr starkes Handelsabkommen haben“, sagte Trump. Diese Aussagen reichten, um die Stimmung an den asiatischen Börsen zu drehen:

  • Der Hang-Seng-Index in Hongkong stieg um 1,3 Prozent auf 26.204 Punkte.
  • Der CSI 300, der die wichtigsten chinesischen Festlandswerte abbildet, legte 1,5 Prozent auf 4604 Punkte zu.

Für Investoren in der Region ist das Signal klar: Eine Entspannung zwischen Washington und Peking könnte Lieferketten stabilisieren, den Welthandel ankurbeln – und vor allem die exportabhängige japanische Wirtschaft entlasten.

Gewinner und Verlierer

Im Nikkei standen 181 Gewinnern nur 41 Verlierer gegenüber. Besonders stark gefragt waren die Aktien des Videospielentwicklers DeNA, die um 5,6 Prozent zulegten. Auch die Japan Exchange Group, Betreiberin der Tokioter Börse, verzeichnete ein Plus von 5,4 Prozent.

Auf der Verliererseite landeten unter anderem Hitachi mit einem Minus von 1,1 Prozent sowie der Energieversorger Tokyo Electric Power, der leicht um 0,1 Prozent nachgab.

Insgesamt blieb die Handelsbreite solide – ein Zeichen, dass institutionelle Anleger zwar Gewinne realisieren, aber keinen Ausstieg aus dem Markt vollziehen.

Zwischen Aufschwung und Überhitzung

Der japanische Aktienmarkt hat in den vergangenen zwölf Monaten eine erstaunliche Rally hingelegt. Allein 2025 legte der Nikkei um rund 18 Prozent zu – getrieben von der lockeren Geldpolitik der Bank of Japan, massiven Aktienrückkäufen und ausländischen Kapitalzuflüssen.

Doch nun warnen erste Analysten vor Überhitzung. Die Bewertungen vieler Technologiewerte liegen auf einem Mehrjahreshoch, während sich die Unternehmensgewinne nur moderat verbessern.

„Der Markt preist derzeit mehr Hoffnung als Realität ein“, sagt ein Fondsmanager aus Tokio, der anonym bleiben möchte. „Ein Teil der Kursgewinne ist reine Spekulation auf billiges Geld und politische Stabilität – beides kann sich schnell ändern.“

Das Signal aus Asien

Trotz aller Vorsicht bleibt der Rekord ein psychologisch starkes Signal. Die Börsen Asiens zeigen sich geschlossen in guter Stimmung – ein seltenes Bild nach Monaten globaler Unsicherheit.

In Japan jedoch wissen erfahrene Anleger, dass jeder Rekord auch der Anfang einer Korrektur sein kann. Schon jetzt dürften viele institutionelle Investoren Gewinne sichern, bevor die Euphorie abflaut.

Die neue Premierministerin Takaichi steht damit vor einer doppelten Aufgabe: wirtschaftliche Impulse liefern, ohne die Märkte zu überhitzen.

Denn so beeindruckend die Zahlen aus Tokio auch sind – noch wichtiger ist, ob der Aufschwung trägt, wenn die Politik ihren ersten Glanz verliert.

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