22. Oktober, 2024

Wirtschaft

Inflation in Deutschland: Leichte Entspannung trotz hoher Dienstleistungspreise

Inflation in Deutschland: Leichte Entspannung trotz hoher Dienstleistungspreise

Die Inflationsrate in Deutschland zeigt erstmals seit Monaten eine leichte Entspannung. Im Juni stiegen die Verbraucherpreise um 2,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat, nachdem sie im Mai noch um 2,4 Prozent zugenommen hatten. Dies geht aus vorläufigen Zahlen des Statistischen Bundesamts hervor. Die sogenannte Kerninflation, die ohne Nahrungsmittel und Energie berechnet wird, liegt aktuell bei 2,9 Prozent. Bemerkenswert ist vor allem der Preisrückgang bei Energie, während vor allem Dienstleistungen teurer wurden. Im Vergleich zum Mai legten die Preise nur um geringe 0,1 Prozent zu.

Ralph Solveen, Volkswirt bei der Commerzbank, hebt hervor, dass die Kernteuerungsrate von 3,0 auf 2,9 Prozent gesunken ist. Hauptgrund dafür sei der anhaltende Preisrückgang bei Waren, der jedoch bald zum Stillstand kommen dürfte. Die Teuerung bei Dienstleistungen bleibt stabil bei knapp 4 Prozent. Solveen erwartet, dass die Gesamtinflationsrate in den kommenden Monaten zwar auf 2 Prozent fallen könnte, die Kerninflation jedoch nahe ihrem aktuellen Niveau verharren wird.

Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP Bank, nennt den zähen Rückgang der Kerninflation. Verantwortlich dafür sei der deutliche Anstieg der Dienstleistungspreise, bedingt durch gestiegene Lohnkosten und verändertes Konsumverhalten. In der Post-Covid-Ära rückt das Freizeitvergnügen in den Vordergrund, was es Dienstleistern ermöglicht, höhere Lohnkosten an die Konsumenten weiterzugeben.

Carsten Brzeski, Chefvolkswirt der ING Bank, prognostiziert, dass die Inflationsrate weiterhin schwanken wird und sich nicht direkt auf 2 Prozent zubewegt. Grund dafür seien auslaufende günstige Basiseffekte im Energiebereich und steigende Löhne. Eine Abschwächung des Lohnwachstums ist in der zweiten Jahreshälfte nicht zu erwarten.

Michael Heise, Chefökonom von HQ Trust, betont die gemischten Signale für die Europäische Zentralbank (EZB). Einerseits nähert sich die Inflation dem 2-Prozent-Ziel, andererseits bleibt die Kerninflation bei 2,9 Prozent. Aufgrund von Lohnzuwächsen und steigenden Dienstleistungspreisen wird ein deutlicher Rückgang nicht erwartet. Weitere Zinssenkungen lassen daher auf sich warten.

Ralf Umlauf, Ökonom der Landesbank Hessen-Thüringen, sieht die 2-Prozent-Zielmarke noch nicht erreicht. Er betont jedoch, dass europaweit der Preisdruck nachgelassen hat, was den vorsichtigen Zinssenkungskurs der EZB bestätigt. Auf der heute startenden EZB-Konferenz in Sintra wird es wohl keine Vorfestlegung auf den September geben.