22. Oktober, 2024

Wirtschaft

Immobilienmarkt: 1,9 Millionen Wohnungen in Deutschland stehen leer

Immobilienmarkt: 1,9 Millionen Wohnungen in Deutschland stehen leer

Aktuellen Erhebungen zufolge ist der Wohnungsmarkt in Deutschland von deutlichen Leerständen geprägt. Die Zensus-Erhebung vom 15. Mai 2022 zeigt, dass rund 1,9 Millionen Wohnungen ungenutzt sind, was einer Leerstandsquote von 4,3 Prozent entspricht, berichtet das Statistische Bundesamt. Dieser Zustand sorgt für beunruhigende Erkenntnisse bezüglich des gespaltenen Immobilienmarktes.

Ralph Henger, Wohnungsökonom am Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW Köln), betont, dass diese hohen Leerstände die tiefen Unterschiede im Immobilienmarkt widerspiegeln. Während in Ballungszentren ein erheblicher Wohnungsmangel herrscht, sind in vielen ländlichen Regionen Wohnungen ungenutzt. Besonders in Ostdeutschland, das durch eine starke Abwanderung junger Menschen geprägt ist, liegt die Leerstandsquote teilweise über zehn Prozent.

Von strukturellem Leerstand, der seit über einem Jahr andauert, sind laut Statistischem Bundesamt mehr als die Hälfte der leerstehenden Immobilien betroffen. Matthias Waltersbacher vom Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung weist darauf hin, dass ein großer Teil dieser Wohnungen nicht innerhalb kurzer Zeit wieder nutzbar werden wird. In westdeutschen Regionen wie der Eifel, Franken und dem Saarland ist das Problem ebenfalls prominent vertreten.

Obwohl etwa 38 Prozent der leerstehenden Wohnungen innerhalb von drei Monaten bezugsfertig wären, verstärken geplante Baumaßnahmen, Sanierungen und unterschiedliche andere Gründe die Problematik. In den Stadtstaaten Hamburg, Bremen und Berlin liegt der Anteil dieser schnell verfügbaren Wohnflächen zwar bei über 50 Prozent, doch in ländlichen Regionen bleibt es ein großes Thema.

Experten wie Henger beobachten den sogenannten Donut-Effekt: Während am Ortsrand neue Wohngebiete entstehen, verfallen innerstädtische Lagen. Die Ursachen sind vielfältig, von alter Bausubstanz bis hin zu schlechteren Parkmöglichkeiten. Marode Häuser senken zudem die Immobilienwerte in der Nachbarschaft, führen zu Kriminalität und Vandalismus und belasten die bestehende Infrastruktur, die erhalten werden muss.

Mit 1,9 Millionen ungenutzten Wohnungen gibt es erhebliches Potenzial, betont Waltersbacher. Die Behebung des Leerstands erfordert Maßnahmen zur kulturellen Förderung peripherer Regionen und verbesserter Verkehrsanbindungen. In Zeiten zunehmender Homeoffice-Tätigkeit könnten diese Immobilien auch für Co-Working-Spaces genutzt werden.

Ein vielversprechender Ansatz ist das Wohneigentumsprogramm "Jung kauft Alt", das leerstehende Immobilien abseits der Ballungsräume reaktivieren soll. Nach Ansicht von Henger wäre eine bundesweite Umsetzung sinnvoll, jedoch sind die verfügbaren Mittel knapp.

Die Zensus-Daten, die aus amtlichen Registern und Befragungen von zwölf Prozent der Bevölkerung gewonnen wurden, verschaffen wichtigen Einblick in den Leerstand. Rund 23 Millionen Eigentümer und etwa 8.000 Wohnungsunternehmen gaben Auskünfte zu ihren Immobilien, sodass ein umfassendes Bild der Lage entstehen konnte.