Die israelischen Militäroperationen im Gazastreifen könnten sich, laut Expertenmeinungen, als weit komplexer und langwieriger herausstellen, als bisher angenommen. Die Einschätzungen, die Joost Hiltermann, der Programmdirektor für den Nahen Osten und Nordafrika bei der International Crisis Group, gegenüber dem „Wall Street Journal“ äußerte, lassen darauf schließen, dass ein vollständiger Sieg über die Hamas nicht in naher Zukunft zu erwarten ist. Trotz einer siebenmonatigen offensiven Präsenz sei die islamistische Organisation nach wie vor fest im Gazastreifen verankert und weit davon entfernt, besiegt zu sein.
Die Adaption von Guerillataktiken durch die Hamas verstärkt in Israel die Sorge, sich in einem nicht endenden Konflikt zu befinden. Diese Taktik macht es der israelischen Armee schwer, trotz teilweisen militärischen Erfolgen eine dauerhafte Lösung zu finden, und nährt die Befürchtung, dass die Hamas auch nach umfangreichen Angriffen - wie im Falle Rafahs, einem südlichen Gebiet Gazas - weiter fortbestehen wird. Diese Ansicht wird nicht nur von israelischen Militärexperten, sondern auch von US-Geheimdienstmitarbeitern geteilt.
Während die israelischen Militäraktionen bestimmte taktische Erfolge verzeichnen, betont Israels Verteidigungsminister Joav Galant die Notwendigkeit einer politischen Lösung neben den militärischen Bemühungen. Seiner Meinung nach bleibt die Hamas eine dauerhafte Bedrohung für die Sicherheit, solange sie das zivile Leben in Gaza kontrolliert. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu betont indes, dass erst nach einem Sieg über die Hamas sinnvoll über eine künftige Verwaltung in Gaza diskutiert werden könne.
Die aktuelle Lage wurde zusätzlich angeheizt, als israelische Streitkräfte in Rafah - beschrieben als eine letzte Zuflucht der Hamas - positioniert wurden und prompt im nördlichen Gazastreifen von dieser attackiert wurden. In dieser angespannten Situation rief die israelische Armee palästinensische Zivilisten dazu auf, sich in Sicherheit zu bringen, was auf einen bevorstehenden größer angelegten Militärschlag hindeutet.
Galant kritisiert die momentane Unschlüssigkeit bezüglich der zukünftigen Verwaltung Gazas und plädiert für eine neue zivile Führung, unterstützt durch internationale Akteure, um eine Alternative zur Hamas darzustellen. Ohne eine derartige Lösung blieben nur zwei ungünstige Auswege: entweder eine Fortsetzung der Hamas-Herrschaft oder eine direkte militärische Kontrolle durch Israel.