Mit nur 18 Jahren schreibt der Inder Gukesh Dommaraju Geschichte im Schachsport und krönt sich zum jüngsten Weltmeister aller Zeiten. Damit übertrifft er den bisherigen Rekord des legendären Garry Kasparov um ganze vier Jahre, der diesen bereits 1985 aufgestellt hatte.
In einem packenden Duell in Singapur bezwang der Teenager aus Chennai den chinesischen Titelverteidiger Ding Liren knapp mit 7,5:6,5 in einem Match, das mit 2,5 Millionen US-Dollar dotiert war. Neun der 14 Partien endeten in einem Remis, und die Kontrahenten lagen nie mehr als einen Punkt auseinander. Ein gravierender Fehler von Ding im 55. Zug der entscheidenden 14. Partie führte schließlich zu seiner Aufgabe. Hätte Ding remisiert, wäre der Wettkampf in die Schnellschach-Tiebreaks gegangen, wo er als Favorit gegolten hätte.
Gukeshs kometenhafter Aufstieg begann bereits im Alter von zwölf Jahren, als er zum drittjüngsten Großmeister der Schachgeschichte wurde. Unter der Mentorschaft des ersten indischen Weltmeisters Vishy Anand errang er Olympiagold in den Jahren 2022 und 2024 und qualifizierte sich durch den Sieg der Kandidaten in Toronto als Dings Herausforderer. In der finalen Runde setzte er sich gegen Größen wie Fabiano Caruana und Ian Nepomniachtchi durch.
Ein entscheidender Faktor in Gukeshs Aufstieg war der Rücktritt der norwegischen Schachlegende Magnus Carlsen im Jahr 2023, der die monatelange Vorbereitung auf die Weltmeisterschaftsspartien nicht mehr auf sich nehmen wollte. Carlsen, weiterhin die Nummer eins im klassischen Schach, fokussiert sich nun auf die Blitz- und Schnellschach-Weltmeisterschaften, welche er im Dezember auf der Wall Street verteidigen wird.
In den letzten Zügen des Matches in Singapur lieferten sich die beiden Spieler ein dramatisches Kopf-an-Kopf-Rennen. Nach einer Serie von sieben Remis tauschten sie in den Partien 11 und 12 jeweils Siege aus. Gukesh sicherte sich seinen ersten Vorsprung durch einen groben Fehler Dings in der 11. Partie, während Ding in der 12. Partie dank herausragender strategischer Spielweise zurückschlug. Spiel 13 endete erneut unentschieden, bevor Ding in der 14. Partie der entscheidende Fehler unterlief.
Ding kam ohne Sieg in klassischen Partien seit zehn Monaten und als Underdog in den dreiwöchigen Wettkampf. Dennoch zeigte er in der ersten Hälfte starke Leistungen und wechselte dabei ständig seine Eröffnungsstrategien. Gukesh hingegen beeindruckte mit gut vorbereiteten, wenn auch nicht immer erfolgreichen, Eröffnungen.
Viele Beobachter sind überzeugt, dass Gukeshs Sieg dem internationalen Schach neue Impulse gibt. In Indien, wo Schach mittlerweile zu den bedeutendsten Sportarten zählt, zieht das junge Talent große Aufmerksamkeit auf sich, unterstützt von namhaften Sponsoren wie Tata Steel, Tech Mahindra und seinem Hauptsponsor Westbridge Capital.
Hingegen hat Schach in China trotz des Erfolges Dings im Spitzenschach und zahlreicher Triumphe der Frauennationalmannschaft im internationalen Vergleich noch nicht die gleiche Popularität erreicht. Spielarten wie Xiangqi oder Go stehen dort weiterhin im Vordergrund.