Der Goldpreis markiert neue Höhen, Zentralbanken füllen ihre Tresore, Minenaktien ziehen an. Hinter der Preisbewegung steht eine simple Frage: Wer kann liefern?
Die Antwort entscheidet über Kostenkurven, politische Risiken – und die Richtung der nächsten Kursbewegung. Die vergangenen 15 Jahre zeichnen ein klares Bild: Der Löwenanteil kommt aus wenigen, rohstoffstarken Staaten. Europa spielt nur in Nischen mit.
Die weltweite Spitze – zehn Länder prägen das Angebot
- Platz 1: China – 6.010 t gesamt (2010–2024), 380 t in 2024.
China bleibt der Anker des Angebots: staatlich flankierte Industrie, breites Lagerstättenportfolio, konsequente Prozessoptimierung. Für den Weltmarkt heißt das: planbares Volumen, aber wenig Transparenz. - Platz 2: Australien – 4.326 t gesamt, 284 t in 2024.
Politisch stabil, kapitalmarktfreundlich, hohe Explorationsdichte. Australiens Kostenkurve ist wettbewerbsfähig – und reagiert schnell auf Preissignale. - Platz 3: Russland – 4.215 t gesamt, 330 t in 2024.
Hohe Gehalte, starke Geologie – und Sanktionen als Preistreiber. Der Absatz findet Wege, aber die Finanzierung ist teurer geworden. Risikoaufschlag inklusive. - Platz 4: USA – 3.126 t gesamt, 158 t in 2024.
Industriestaat mit strengen Standards. Projekte dauern länger, sind dafür planbarer. Hebelwirkung auf Börsen-Multiplies eher moderat, dafür verlässliche Governance. - Platz 5: Kanada – 2.417 t gesamt, 202 t in 2024.
Explorationsmotor des Westens: starke Juniorminen-Szene, tiefe Kapitalmärkte. Pipeline gut gefüllt, aber Genehmigungen bleiben Nadelöhr. - Platz 6: Peru – 2.341 t gesamt, 137 t in 2024.
Zyklischer Top-Produzent mit politischem Rauschen. Projektqualität hoch, soziale Lizenz der Schlüssel. - Platz 7: Ghana – 1.824 t gesamt, 141 t in 2024.
Stabiler Afrikaproduzent mit Reformwillen. Infrastruktur verbessert sich, Stromkosten bleiben Hebel. - Platz 8: Mexiko – 1.739 t gesamt, 140 t in 2024.
Silbergigant mit Goldkraft. Fiskalregeln und Community-Relations bestimmen den Takt. - Platz 9: Indonesien – 1.721 t gesamt, 140 t in 2024.
Großprojekte dominieren, staatliche Beteiligungen nehmen zu. Exportregeln können schnell drehen – Polit-Risiko einpreisen. - Platz 10: Usbekistan – 1.381 t gesamt, 129 t in 2024.
Alte Lagerstätten, modernisierte Werke. Reformtempo hoch, Datenlage besser – aber weiter staatsnah.

Europa im Rückspiegel: Klein, aber nicht irrelevant
Die Fördermengen bleiben überschaubar: Finnland 121 t, Schweden 104 t, Bulgarien 99 t (2010–2024). 2024 kamen zusammen nur 37 t aus diesen drei Ländern, plus 13 t aus „anderen europäischen Ländern“.

Europas Stärke liegt nicht im Volumen, sondern in Technologie, Effizienz und ESG-Standards. Für Investoren heißt das: Weniger Hebel, mehr Qualität – und Exposure eher über Ausrüster als über große Produzenten.
Warum gerade jetzt? Drei Kräfte treiben den Zyklus
- Zentralbanken als Preisanker: Die offiziellen Sektoren haben ihre Nettokäufe in den letzten Jahren deutlich hochgefahren. Das schafft eine robuste Nachfrageseite, die Schwächen bei Schmuck oder Industrie kompensiert.
- Makroumfeld: Erwartete niedrigere US-Zinsen, ein weicherer Dollar und geopolitische Unsicherheiten vergrößern den Sicherheitsaufschlag.
- Angebotsdisziplin: Nach Jahren knapper Budgets sind neue Großminen rar. Kapitalkosten, ESG-Auflagen und Genehmigungszeiten halten das Angebot strukturell enger – ein Nährboden für Preisausschläge.
Länderrisiken, die direkt in die Kosten laufen
- Politik & Rohstoffnationalismus: Russland (Sanktionen), Indonesien (Exportregeln), Mexiko (Regulierung) – Eingriffe verteuern Projekte oder bremsen Volumina.
- Energie & Wasser: Ghana, Peru und Teile Australiens spüren Energiepreis- und Wasserstress – direkte Effekte auf AISC (All-in Sustaining Costs).
- Soziale Lizenz: Ohne belastbare Vereinbarungen mit Gemeinden wird jeder Projektplan zur Lotterie – Peru liefert regelmäßig Lehrstücke.
- Devisen & Kapitalzugang: Starker Dollar hilft Produzenten (Erlöse), schadet aber Investorenrenditen außerhalb der USA. Finanzierungsfenster bleiben selektiv.

Was das Ranking für Portfolios bedeutet
- China/Australien als Stabilitätsanker: Hohe Sichtbarkeit bei Volumen, gute Kostenposition. Der Hebel auf den Preis ist kleiner – dafür geringer Projektausfall.
- Peru/Ghana/Mexiko für Beta: Mehr Schwankung, mehr Potenzial – aktive Titelauswahl Pflicht.
- Kanada/USA für Governance: Saubere Bilanzen, strengere Aufsicht – dafür weniger kurzfristige Explosivität.
- Europa als ESG-Spiel: Kleine Volumina, aber über Ausrüster, Metallurgie, Minensoftware lässt sich an operativer Effizienz verdienen.
Der Blick hinter die Kurve: Angebot bleibt knapp
Selbst bei hohen Preisen entstehen Großprojekte nicht über Nacht. Explorationszyklen, Studien, Genehmigungen, Bau – das dauert Jahre. Parallel erhöhen Umweltauflagen und Community-Standards die Kapitalintensität je Unze.
Ergebnis: Die Kostenuntergrenze steigt, die Reaktionsgeschwindigkeit des Angebots sinkt. Das hält den Preis empfindlich für Nachfrageschocks – ob aus Notenbankkäufen, ETFs oder Geopolitik.
Methodik & Hinweis
Die hier gezeigten Fördermengen (2010–2024) basieren auf den Angaben des Branchenverbands World Gold Council (WGC). Die Werte sind auf- bzw. abgerundet und dienen der Einordnung von Trends, nicht als kaufmännische Abrechnungsbasis.
Gold bleibt ein politisches Metall: Wenige Länder, viel Macht. Wer die Landkarte des Angebots versteht, versteht den Zyklus. Für Anleger heißt das: Nicht nur den Preis handeln – die Herkunft der Unze entscheidet über Rendite und Risiko. Wer jetzt blind auf „Gold“ setzt, spielt nur die halbe Partie. Wer die Produzentenkarte mitdenkt, spielt die ganze.
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