11. Juli, 2025

Unternehmen

Goldener Abschied im Hamburger Hafen – Millionen für ein gescheitertes Kapitel

Hamburg zahlt, Titzrath geht: Warum der Abgang der HHLA-Chefin nicht nur teuer, sondern auch symptomatisch ist.

Goldener Abschied im Hamburger Hafen – Millionen für ein gescheitertes Kapitel
Angela Titzrath erhält für ihren vorzeitigen Abgang von der HHLA über 3 Millionen Euro – darunter 1,58 Millionen Euro Abfindung, obwohl ihr Vertrag erst Anfang 2024 verlängert wurde.

Wenn in Hamburg im Hafen jemand das Steuer übernimmt, sind das selten leise Manöver. Beim Abgang von Angela Titzrath, der langjährigen Vorstandsvorsitzenden der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA), allerdings geht es nicht um Schiffe, sondern um Summen. Über drei Millionen Euro lässt sich die Hansestadt ihren Rückzug kosten. Mit Ansage.

Verträge mit eingebautem Abgang

Titzrath galt als die bestbezahlte kommunale Managerin Deutschlands. Schon ihre Vertragsverlängerung Anfang 2024 warf Fragen auf: Warum ein neuer Fünfjahresvertrag, wenn gleichzeitig ein Sonderkündigungsrecht zum Jahr 2025 eingebaut wird?

Nun wird klar: Der Aufsichtsrat der HHLA nahm bewusst eine kostspielige Trennung in Kauf. Bis Ende 2025 erhält die Managerin weiterhin ihr volles Festgehalt – 508.750 Euro – und die maximale Tantieme in gleicher Höhe. Obendrauf: eine Abfindung von 1,58 Millionen Euro.

Politische Risse, strategische Fehlzündungen

Das Tischtuch mit der Politik war spätestens zerschnitten, als Titzrath eigenmächtig den Einstieg der chinesischen Reederei Cosco beim Terminal Tollerort vorantrieb – gegen den ausdrücklichen Willen des Bundeswirtschaftsministeriums.

Bereits zuvor war sie mit dem Versuch gescheitert, eine norddeutsche Hafenallianz zu schmieden. "Politisches Feingefühl? Fehlanzeige", urteilt ein enger Mitarbeiter.

Start-up-Fantasien auf Staatskosten

Die Kritik an ihrer Amtsführung kam nicht nur aus dem Senat. Auch Kleinaktionäre zeigten sich bei der Hauptversammlung entsetzt über Millioneninvestitionen in waghalsige Zukunftsprojekte: Vakuumröhren für Containertransporte, Drohnen im Hafen, ein gescheitertes 3D-Druck-Start-up. "Das klang eher nach Silicon Valley als nach Hansestadt", so ein Aktionär.

Der Squeeze-out naht

Titzraths Abschied dürfte auch der Schlusspunkt für die verbliebenen freien Aktionäre sein. Hamburg und die Schweizer Reederei MSC kontrollieren über ihre gemeinsame Gesellschaft bereits 90,41 Prozent der HHLA-Stimmrechte.

Zwar wurde auf der Hauptversammlung noch ein Squeeze-out dementiert – doch laut Aufsichtsratschef Rüdiger Grube ist er lediglich aufgeschoben.

Ein Lehrstück in schlechter Governance

Die Geschichte um Titzrath ist mehr als nur ein kostspieliger Personalwechsel. Sie wirft ein Schlaglicht auf strategische Orientierungslosigkeit, politisch unterkühltes Management und fehlende Kontrolle in einem staatsnahen Unternehmen. Hamburg zahlt, schweigt – und schiebt das Kapitel leise über Bord.

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