Der schnelle Schnitt: Umlage gestrichen
Es ging plötzlich schnell. Während draußen noch über Heizkosten und Inflation diskutiert wird, hat der Bundestag die sogenannte Gasspeicherumlage einfach gestrichen. Bislang mussten Haushalte pro Kilowattstunde Gas einen kleinen Aufschlag zahlen, um die Speicher für den Winter zu füllen.
Für einen Vierpersonenhaushalt machte das je nach Verbrauch rund 30 bis 60 Euro im Jahr aus. Kein Vermögen – aber eben ein zusätzlicher Posten auf einer Rechnung, die in den vergangenen zwei Jahren ohnehin explodiert ist.
Künftig übernimmt diese Kosten der Bund. Rund 3,4 Milliarden Euro pro Jahr. Bezahlt wird aus dem Klima- und Transformationsfonds – jenem Sonderetat, der eigentlich für Wärmepumpen, Netzausbau und Industrieprojekte vorgesehen ist.
Ingbert Liebing vom Verband kommunaler Unternehmen verspricht: Der Wegfall wird „1:1“ an die Endkunden weitergegeben. Eine Garantie für sinkende Gaspreise ist das nicht. Der Gaspreis ist ein Puzzle aus vielen Einzelpositionen. Manche steigen, andere sinken. Und am Ende sieht der Verbraucher auf der Rechnung oft nur: „Gesamtbetrag“.
Ungewöhnliche Mehrheiten, ungewöhnliche Fronten
Die Abstimmung selbst hätte gut in ein politisches Planspiel gepasst. Union und SPD stimmten gemeinsam für die Entlastung. Die Grünen dagegen. Die Linke enthielt sich.
Die Argumente der Grünen sind bekannt, aber in diesem Kontext politisch heikel: Wenn der Staat Milliarden verschiebt, dann bitte in Richtung Zukunftsinvestitionen – nicht in Richtung billigerer Gaspreise. Wärmepumpen statt Preismilderung.
Die Linke kritisiert grundsätzlich: Wenn schon entlasten, dann richtig – etwa durch geringere Stromsteuer oder ein Klimageld für Haushalte, die jeden Euro zweimal umdrehen müssen.
Der Beschluss zeigt schwarz auf weiß: Energiepolitik wird in Berlin nicht mehr entlang klassischer Lager geführt. Sondern entlang der Frage: kurzfristige Entlastung oder langfristige Transformation?
Der Diesel kehrt zurück
Während die einen gerade von der Gasumlage befreit werden, erhält eine andere Gruppe ein politisches Comeback: Landwirte.
Ab kommendem Jahr gibt es wieder die volle Steuervergünstigung für Agrardiesel. Pro Liter Diesel erstattet der Staat 21,48 Cent. Kosten für den Bundeshaushalt: rund 430 Millionen Euro jährlich.
Dabei war die Subvention bereits abgeschafft. Es war einer der großen Sparvorschläge der Ampel – bis die Bauern protestierten. Traktoren vor Ministerien, Mahnfeuer, lange Schlangen auf Bundesstraßen. Wenige Monate später: Kehrtwende.
„Eine echte Entlastung für unsere Betriebe“, sagt Landwirtschaftsminister Alois Rainer. In vielen Betrieben ist Diesel ein hoher Fixkostenblock. Wenn der Staat erstattet, entsteht Luft. Und in einem Markt, der von schwankenden Preisen geprägt ist, kann Planungssicherheit über das Überleben eines Betriebs entscheiden.
Grüne als einzige Gegenstimme
Die Grünen sind diesmal alleine. Ihre agrarpolitische Sprecherin Ophelia Nick formulierte es im Parlament so: „Subventionen auf Diesel lösen nicht die Probleme unserer Zeit.“ Ein halbes Jahr nach dem größten Bauernprotest der letzten Jahre klingt das wie ein Prinzipienstreit gegen die politische Realität.

Die Botschaft aus ihrer Fraktion: Wenn Deutschland ernsthaft klimaneutral werden will, dann kann der Staat nicht gleichzeitig fossile Kraftstoffe fördern.
Die eigentliche Frage
Die Abstimmungen dieses Tages lassen sich in einem Satz zusammenfassen:
Deutschland möchte gleichzeitig entlasten und transformieren – und schafft es nicht, sich zu entscheiden.
Gasumlage weg, Diesel zurück. Beide Entscheidungen nehmen Druck aus dem System. Sie beruhigen Haushalte, besänftigen Bauern und verschaffen der Regierung Luft.
Aber sie verschieben das Grundproblem nach hinten: Wer finanziert langfristig den Umbau der Energieversorgung, wenn Milliarden für Entlastungen draufgehen?
Noch funktioniert der Deckel aus Sondervermögen und kreativer Etat-Akrobatik. Die Rechnung kommt später.
Und sie wird höher sein.

