Sechstes Jahr im Minus
Die Durststrecke der Branche nimmt kein Ende. Im ersten Halbjahr 2025 brachen die Umsätze preisbereinigt um fast vier Prozent ein, wie das Statistische Bundesamt meldet. Im Juli verschärfte sich der Trend: minus 9,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Von den knapp 4000 Betrieben, die der Dehoga befragte, halten nur 24 Prozent die Buchungslage für „gut“ oder „sehr gut“.
Damit droht den Gastronomen das sechste Verlustjahr in Folge. Rund 40 Prozent der Betriebe rechnen mit tiefroten Zahlen. Dehoga-Präsident Guido Zöllick bringt es auf den Punkt:
„Die Lage ist angespannt, die Aussichten trüb.“
Leere Tische, steigende Kosten
Die Gäste bleiben weg – und das aus nachvollziehbaren Gründen. Viele Verbraucher sparen, gehen seltener essen oder verzichten auf Extras wie Vorspeisen und den zweiten Wein. Wer dennoch im Restaurant sitzt, schaut genauer auf die Preise.
Für die Betriebe ist es ein Teufelskreis: Die Kosten für Personal, Lebensmittel und Energie steigen seit Jahren. Dazu kommt die Rückkehr zur vollen Mehrwertsteuer von 19 Prozent, die seit Anfang 2025 gilt. Während der Pandemie hatte der Staat sie vorübergehend auf sieben Prozent gesenkt. Die Rückkehr belastet nun umso stärker.

Die Steuer als Rettungsanker
Ab 2026 will die Bundesregierung die Mehrwertsteuer erneut senken. Doch ob das hilft, ist fraglich. Ökonomen wie das ZEW warnen, dass die Maßnahme drei Milliarden Euro pro Jahr kostet und vor allem Gutverdienern nützt – jenen, die ohnehin häufiger essen gehen.
In den Restaurants selbst sieht man die Sache nüchtern. Nur 44 Prozent der Wirte geben an, dass eine Steuererleichterung beim Preis-Leistungs-Verhältnis der Gäste ankommt. Für die Mehrheit bedeutet sie schlicht: Luft zum Atmen.
NGG-Gewerkschafter Guido Noll bringt es unverblümt auf den Punkt: „Wer glaubt, dass Schnitzel oder Kaiserschmarrn billiger werden, wird enttäuscht. Die zwölf Prozent landen bei den Wirten – für den Betrieb, für Investitionen oder für sich selbst.“
Sterbende Vielfalt
Die Branche kämpft längst nicht mehr nur ums Überleben, sondern um ihre Rolle in den Innenstädten. Kneipen, Restaurants, Cafés – sie sind Teil der urbanen Kultur. Wenn sie verschwinden, verlieren die Städte an Lebensqualität.
Über 70 Prozent der Betriebe konnten in den vergangenen Jahren keine nötigen Investitionen tätigen. Viele Häuser sind ausgezehrt, Küchen veraltet, Personal fehlt. Selbst mit einer Steuersenkung werden Investitionen nur langsam nachgeholt.
Ein Warnsignal für die Wirtschaft
Die Krise der Gastronomie ist mehr als ein Branchenproblem. Sie zeigt, wie angeschlagen der private Konsum in Deutschland ist. Das Nürnberger Institut für Marktentscheidungen meldet ein Konsumklima von minus 23,6 Punkten – getrieben von Jobangst und pessimistischen Einkommenserwartungen.
Auch der Handelsverband Deutschland warnt: Die Stimmung ist so schlecht, dass die Binnenwirtschaft keine Impulse setzt.
HDE-Präsident Alexander von Preen fordert deshalb einen Kurswechsel: weniger Bürokratie, niedrigere Energiekosten und Entlastungen für Haushalte. „Die Politik muss die Binnenwirtschaft endlich zur Priorität machen“, sagt er.
Am Ende bleibt die Frage
Eine Steuersenkung kann Betriebe stabilisieren – doch günstiger wird es für die Gäste nicht. Die Branche kämpft um ihre Existenz, nicht um Rabatte. Für die Verbraucher heißt das: Wer weiter in Biergärten, Kneipen oder Restaurants sitzen will, muss tiefer in die Tasche greifen.
Die entscheidende Frage ist längst nicht mehr, ob die Preise sinken. Sondern, wie viel Gastronomie sich Deutschland in Zukunft noch leisten will.
Das könnte Sie auch interessieren:
