22. Oktober, 2024

Wirtschaft

Finaler Abwärtstrend: Deutschlands Inflation sinkt weiter

Finaler Abwärtstrend: Deutschlands Inflation sinkt weiter

Die Inflationsrate in Deutschland zeigt im Juni eine spürbare Abnahme. Wie das Statistische Bundesamt auf Basis vorläufiger Zahlen verkündet, steigen die Verbraucherpreise um 2,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat, nach 2,4 Prozent im Mai. Ökonomen prognostizieren, dass sich dieser Trend zu stabilen Preisen im Sommer fortsetzen könnte. Schon bald erwarten sie Raten unter zwei Prozent. Die Fußball-Europameisterschaft beeinflusst die Verbraucherpreise dabei kaum.

"Die Inflation geht in die Sommerpause", so Ulrich Kater, Chefvolkswirt der Dekabank. Sebastian Dullien vom gewerkschaftsnahen Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) sieht den Anstieg im Mai als Ausreißer und bestätigt, dass sich der Abwärtstrend bei der Inflation im Juni wieder gezeigt hat. Ulrike Kastens von der Fondsgesellschaft DWS betont ebenfalls den geringen Einfluss der Fußball-EM auf die Preisentwicklung, insbesondere bei Hotelübernachtungen.

Während Dienstleistungen im Juni erheblich teurer wurden, sanken die Energiepreise im Jahresvergleich um 2,1 Prozent. Die Preise für Nahrungsmittel stiegen lediglich um 1,1 Prozent. Die Kerninflation, die schwankungsanfällige Preise wie Energie und Nahrungsmittel ausklammert, lag bei 2,9 Prozent und damit leicht unter dem Wert vom Mai.

Das Münchner Ifo-Institut erwartet laut einer aktuellen Umfrage unter Unternehmen, dass die Inflation weiter zurückgehen wird. Im August könnte die Inflationsrate erstmals seit März 2021 unter zwei Prozent sinken, so Timo Wollmershäuser, Ifo-Konjunkturchef. Auch die Deutsche Bank geht von einem Rückgang der Inflation aus, bedingt durch sinkende Energiepreise und eine Beruhigung bei den Nahrungsmittelpreisen. Dennoch bleibt die Kerninflation mit 2,9 Prozent relativ hoch, erläutert Volkswirt Sebastian Becker.

Die extrem hohen Inflationsraten der letzten Jahre scheinen Geschichte zu sein. Führende Wirtschaftsforschungsinstitute erwarten eine deutliche Abschwächung der Inflation auf 2,3 Prozent im Jahresschnitt, nach 5,9 Prozent im Jahr 2023. Der Rückgang verlief jedoch bisher zäh, teils aufgrund teurerer Dienstleistungen und gestiegener Löhne.

Die Verbraucher spüren weiterhin die gestiegenen Preise beim Einkaufen. Nahrungsmittel verteuerten sich seit Januar 2020 bis Mai 2024 um durchschnittlich mehr als 30 Prozent, laut einer Sonderauswertung des Statistischen Bundesamtes.

Seit die Inflation in Deutschland und im Euroraum sinkt, könnte die Europäische Zentralbank (EZB) weiteren Spielraum für Leitzinssenkungen haben. Im Juni senkte die EZB die Leitzinsen um 0,25 Prozentpunkte. EZB-Präsidentin Christine Lagarde warnte jedoch, dass das Inflationsproblem noch nicht gelöst sei. Höhere Teuerungsraten mindern die Kaufkraft der Verbraucher, was den privaten Konsum - eine wichtige Stütze der deutschen Konjunktur - bremst.

Gewerkschaften reagieren auf die Preissteigerungen mit hohen Tarifabschlüssen, und die Renten steigen um 4,57 Prozent. Doch die Kaufkraft der Verbraucher sank auf längere Sicht merklich. Das mittlere Haushaltseinkommen stieg 2022 zwar um 5,1 Prozent, die Inflation lag jedoch bei 5,9 Prozent, was eine reale Einkommensminderung bedeutet. Sahra Wagenknecht kommentiert: "Die Deutschen sind deutlich ärmer geworden."