Politik trifft Reisebranche
Die Zahlen allein hätten es vielleicht nicht ausgelöst. Doch was Anleger nach der Veröffentlichung der Expedia-Zahlen wirklich aufhorchen ließ, war kein Buchwert – sondern ein Satz im Lagebericht: Die Nachfrage nach Reisen in die USA sei spürbar gesunken.
Damit schlägt erstmals durch, was Branchenbeobachter seit Monaten vermuten: Donald Trumps Rückkehr zur politischen Macht verändert nicht nur das politische Klima, sondern auch die Buchungslage.
Gewinn solide – doch der Umsatz enttäuscht
Expedia legte im ersten Quartal einen soliden Gewinn vor: Mit 0,40 US-Dollar pro Aktie lag das Ergebnis über den Erwartungen. Beim Umsatz jedoch blieb das Unternehmen unter den Prognosen – ein leichter Rückstand gegenüber den angepeilten 3,02 Milliarden Dollar, der allein den Kursverlust nicht erklärt.
Denn was die Anleger nervös machte, war der Kontext: weniger Reisen in die USA, weniger Inlandsreisen, weniger Vertrauen.
Rückkehr der Unsicherheit – und ihrer Kosten
Die Zahlen aus Washington sind eindeutig. Im März sank die Zahl der internationalen Touristen in die USA um 12 Prozent. Aus Deutschland sogar um 28 Prozent.
Das ist nicht nur symbolisch relevant – es trifft Anbieter wie Expedia direkt im Kerngeschäft. Inzwischen machen politische Spannungen, Berichte über Einreiseverweigerungen und harsche Grenzkontrollen Schlagzeilen. Für viele Menschen wird die USA-Reise wieder zum Risiko. Und das hat wirtschaftliche Folgen.
Trump-Faktor: Abschottung bremst Konsum
Trumps Rückkehr zur Macht – verbunden mit Zöllen, einer harten Einwanderungspolitik und wachsender Unsicherheit über Visa-Verfahren – dämpft nicht nur den Reiz, in die USA zu reisen.
Auch im Inland wird gespart. Die US-Konsumenten schalten bei hochpreisigen Gütern wie Flugreisen oder Hotelaufenthalten spürbar zurück. Laut Allianz Trade wächst die US-Flugbranche dieses Jahr voraussichtlich nur um ein Prozent – so langsam wie keine andere weltweit.
TUI im Vergleich: stabiler durch Europa-Fokus
Während Expedia an der NASDAQ zwischenzeitlich über neun Prozent verliert, hält sich der deutsche Reisekonzern TUI mit einem leichten Minus von 0,36 Prozent überraschend stabil.
Der Grund: TUI ist weniger abhängig vom US-Markt – und profitiert eher von der europäischen Reiselust. In einem Umfeld, in dem Amerika zur Risikoregion wird, hilft europäische Planbarkeit beim Kurs.
Was Expedia jetzt braucht: Vertrauen statt Versprechen
Expedia-Chefin Ariane Gorin gab sich zur Bilanzvorlage betont konstruktiv: Der Gewinn liege über den Erwartungen, man habe strategische Fortschritte gemacht, das Jahr sei noch lang.
Doch das Marktumfeld spricht eine andere Sprache. Politik, Inflation und Unsicherheit lassen sich nicht mit Marge wegmoderieren. Expedia muss nicht nur Umsatz machen – es muss Vertrauen zurückgewinnen.
Die Reiselust bleibt – aber nicht in die USA
Expedia steht exemplarisch für ein Phänomen, das weit über Tourismus hinausreicht: politische Unsicherheit als Investitionshemmnis.
Trumps Einfluss auf den Reiseverkehr ist real – messbar in Buchungszahlen, Umsätzen und Börsenkursen. Wer in einem solchen Klima wachsen will, muss mehr bieten als Technik und Werbeversprechen. Expedia wird liefern müssen – nicht nur Ergebnisse, sondern Perspektiven.
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