22. Oktober, 2024

Wirtschaft

Europäische Zentralbanken besorgt über anhaltend hohe Dienstleistungsinflation

Europäische Zentralbanken besorgt über anhaltend hohe Dienstleistungsinflation

Die europäische Hotel-, Restaurant- und Barszene bereitet sich auf einen geschäftigen Sommer vor, da Millionen von Menschen zu den Spielen der Fußball-Europameisterschaft, zu Taylor Swift-Konzerten und zu den Olympischen Spielen strömen. Doch während Tourismusmanager jubeln, zeigen sich Zentralbanker besorgt über die hartnäckige Inflation im Dienstleistungssektor. Besonders die Preise für Hotelzimmer und Flugtickets verzeichnen starke Anstiege. So stiegen beispielsweise die Hotelkosten in Portugal im Mai um fast ein Fünftel, was die jährliche Inflation im Hotelsektor auf fast 14 Prozent anhebt. Ein Grund dafür: Taylor Swift brachte ihre rekordbrechende „Eras“-Tour nach Lissabon. Auch in Deutschland verdoppeln Hotels zunehmend ihre Preise, wenn in einer der zehn Austragungsstädte der Euro 2024 gespielt wird. Bars und Restaurants erleben seit Beginn des Turniers im Juni eine stark gestiegene Nachfrage. Dennoch sorgt der Preisanstieg im Gastgewerbe die Europäische Zentralbank (EZB) und die Bank of England (BoE), da die Dienstleistungsinflation hartnäckig hoch bleibt. Beide Institutionen könnten deshalb die Zinssenkungen langsamer angehen. Die EZB senkte im Juni die Zinsen zum ersten Mal seit nahezu fünf Jahren auf 3,75 Prozent, nachdem die Inflation im Euroraum von 10,6 Prozent im Jahr 2022 auf 2,6 Prozent im Mai gefallen war. Dennoch bereitet den politischen Entscheidungsträgern die Inflationsrate im Dienstleistungssektor Kopfzerbrechen, die im Mai auf 4,1 Prozent stieg - der schnellste Anstieg seit vergangenem Oktober. Vor allem das hohe Lohnwachstum im Euroraum, das sich auf 5 Prozent beläuft, treibt die Kosten und damit die Preise in arbeitsintensiven Dienstleistungsunternehmen wie Hotels und Fluggesellschaften in die Höhe. Verbraucher geben nach pandemiebedingten Einschränkungen und angetrieben durch gestiegene Löhne nun verstärkt Geld für Dienstleistungen wie Restaurants und Urlaube aus. Isabel Schnabel, eine EZB-Direktorin, betonte diese Woche, dass die hartnäckige Dienstleistungsinflation eine Herausforderung auf dem „schwierigen letzten Weg“ der Inflationsbekämpfung sei. Dadurch müssten die politischen Entscheidungsträger flexibel bleiben, was weitere Zinssenkungen betrifft. Analysten von Goldman Sachs prognostizieren einen weiteren Anstieg der Dienstleistungsinflation im Euroraum auf 4,2 Prozent im Juni und erwarten, dass Deutschland durch den Touristenandrang zur Euro 2024 zusätzlich belastet wird. In Köln, wo Fans nahezu jede Nacht die Gaffel am Dom Brauerei füllen, zeigt sich der touristische Aufschwung besonders deutlich. Währenddessen könnte Swift's Tour in Großbritannien die ohnehin hohen Preisdruck auf den britischen Dienstleistungssektor verstärken. Ökonomen warnen jedoch vor einer Überbewertung der wirtschaftlichen Auswirkungen solcher Einmalereignisse. Die Herausforderungen bleiben: Die BoE muss sich darauf einstellen, dass die Inflationsbekämpfung aufgrund dieser temporären Effekte länger dauert.