Die Bemühungen der Europäischen Union, Wasserstoff als sauberen Brennstoff zu etablieren, stehen erneut in der Kritik. Ein aktueller Bericht des Europäischen Rechnungshofs bemängelt die ambitionierten Ziele der EU, die trotz einer Förderung in Höhe von 18,8 Milliarden Euro voraussichtlich nicht erreicht werden können.
Laut dem Bericht hat die Europäische Kommission es versäumt, fundierte Analysen durchzuführen, bevor Produktions- und Importziele in Höhe von insgesamt 10 Millionen Tonnen erneuerbaren Wasserstoffs bis 2030 festgelegt wurden. Diese seien schlichtweg unrealistisch, wie die verfügbaren Informationen aus den Mitgliedsstaaten und der Industrie belegen.
Stef Blok, Autor des Berichts, betonte gegenüber der Financial Times, dass Wasserstoff essenziell für das Erreichen der Netto-Null-Emissionsziele der EU bis 2050 sei. Jedoch seien die aktuellen Ziele nicht auf der verfügbaren Kapazität basierend.
Wasserstoff spielt eine entscheidende Rolle bei der Dekarbonisierung energieintensiver Industrien wie des Stahl- und Düngemittelsektors. "Hunderttausende Menschen verdienen in diesen Industrien ihren Lebensunterhalt, und ein gut verwalteter Übergang ist von äußerster Bedeutung", unterstrich Blok.
Bereits 2020 legte Brüssel einen Plan vor, welcher vorsieht, bis 2024 mindestens 6 Gigawatt an erneuerbaren Wasserstoffelektrolyseuren zu installieren und jährlich rund 1 Million Tonnen grünen Wasserstoff zu produzieren. Nach dem russischen Überfall auf die Ukraine wurden 2022 noch ambitioniertere Ziele formuliert, die den Einsatz von Wasserstoff aus erneuerbaren Quellen vorschreiben und sogenannte „niedrig-kohlenstoffige Wasserstoffe“ ausschließen.
Branchenvertreter bezeichnen diese Ziele jedoch seit langem als unerreichbar und fordern mehr Unterstützung. In einem Schreiben an die Kommission betonte der Industrieverband Hydrogen Europe: „Europa muss von der nominalen Einbeziehung von Wasserstoff im Energiemix zu einer ernsthaften Entwicklung der Wasserstoffwirtschaft übergehen.“
Der aktuelle Verbrauch von erneuerbarem Wasserstoff in Europa beträgt 2023 lediglich 0,11 Millionen Tonnen, mit nur 324 Megawatt an grünen Elektrolyseuren – weit unter dem Ziel der Kommission.
Der Bericht des Europäischen Rechnungshofs zeigte auf, dass die Gesamtförderung für wasserstoffbezogene Projekte zwischen 2021 und 2027 18,8 Milliarden Euro erreicht habe. Doch von den 24 Mitgliedsstaaten, die ihre Dekarbonisierungspläne eingereicht haben, hat nur Deutschland ein Ziel für den Import von Wasserstoff gesetzt; keiner der Staaten hat spezifische Ziele für die Wasserstoffproduktion in ihren nationalen Strategien festgelegt.
Die Kommission nahm die kritische Bewertung des Rechnungshofs zur Kenntnis und fügte hinzu: „Wir müssen jetzt die Einführung und Nutzung von erneuerbarem und niedrig-kohlenstoffigem Wasserstoff in Europa beschleunigen und diesen sich neu entwickelnden Markt weiter entwickeln.“ Die Definition von niedrig-kohlenstoffigem Wasserstoff, die die Kommission verwenden wird, soll noch in diesem Jahr veröffentlicht werden. Der Entwurf, der von der Financial Times eingesehen wurde, schlägt vor, dass Wasserstoff, der mit mehr als 3,38 kg CO₂ pro kg produziert wird, nicht als niedrig-kohlenstoffig gelten soll – ein Level, das laut Kritikern nicht ehrgeizig genug sei, um die Klimaziele der EU zu erreichen.
Blok betonte, dass die Ziele für erneuerbaren Wasserstoff für 2030 „nicht erreichbar“ seien, und dass die Diskussion über die Einbeziehung von niedrig-kohlenstoffigem Wasserstoff ernsthaft geführt werden müsse.