Stabil trotz steigender Kosten
Während viele europäische Banken im dritten Quartal unter der Konjunkturflaute ächzten, zeigte sich die Erste Group robust. Das Betriebsergebnis blieb mit 1,56 Milliarden Euro nahezu stabil, nach 1,54 Milliarden Euro im Vorjahr. Die Kosten stiegen zwar merklich – vor allem durch Investitionen in die Digitalisierung und steigende Personalausgaben – doch der Nettogewinn legte trotzdem leicht auf 901 Millionen Euro zu.
Damit übertraf das Institut, das neben Österreich auch in Tschechien, der Slowakei, Ungarn, Kroatien und Rumänien stark vertreten ist, die Erwartungen der Analysten. Diese hatten lediglich mit 838 Millionen Euro Nettogewinn gerechnet.
„Wir investieren gezielt in Technologie, um langfristig effizienter und wettbewerbsfähiger zu werden“, sagte ein Sprecher des Instituts. Dass sich diese Strategie kurzfristig auf die Kostenquote auswirkt, sei „Teil des Plans“.
Digitaloffensive als Wachstumsmotor
Die Erste Group steckt Milliarden in IT-Infrastruktur, um sich gegen digitale Wettbewerber zu wappnen. Die Bank gilt im osteuropäischen Raum als Digitalpionier, mit erfolgreichen Plattformen wie „George“, die mittlerweile in mehreren Ländern über zehn Millionen Kunden nutzen.
Diese Modernisierung schlägt sich zwar in höheren Ausgaben nieder, legt aber den Grundstein für künftiges Wachstum. Die Bank rechnet für das laufende Jahr mit einem Zinsüberschusswachstum von über zwei Prozent – eine deutliche Anhebung gegenüber der bisherigen, vorsichtigeren Prognose.
Die Kosten-Ertrags-Relation soll sich trotz der hohen Investitionen weiter verbessern und bei etwa 48 Prozent liegen – bisher hatte das Management „unter 50 Prozent“ in Aussicht gestellt.
Starke Kapitalbasis und ehrgeizige Ziele
Besonders positiv bewerten Analysten die hohe Eigenkapitalrendite (ROTE) von über 15 Prozent – ein Wert, mit dem sich die Erste Group im europäischen Vergleich in der Spitzengruppe bewegt. Noch bemerkenswerter ist die geplante Kernkapitalquote (CET1) von über 18,5 Prozent zum Jahresende 2025 – ein solides Polster, das Stabilität signalisiert.
Diese Zahlen gelten allerdings vor der Konsolidierung der Santander Bank Polska, deren Übernahme die Erste Group zum Jahreswechsel 2025/26 abschließen will. Das rund sieben Milliarden Euro schwere Geschäft gilt als einer der größten Expansionsschritte einer österreichischen Bank seit Jahren.

Polen als strategischer Wendepunkt
Mit der geplanten Übernahme will sich die Erste Group stärker in Polen positionieren – einem der dynamischsten, aber auch umkämpftesten Bankenmärkte Europas. Der Einstieg soll den Konzern auf eine neue Größenordnung heben und zusätzliche Skaleneffekte bringen.
Doch die Integration dürfte anspruchsvoll werden. Die Santander Bank Polska zählt zu den größten Instituten des Landes, mit rund 7.000 Mitarbeitern und über 400 Filialen. Experten sehen hier nicht nur Chancen, sondern auch Risiken: Die regulatorischen Hürden sind hoch, die Konkurrenz durch polnische Großbanken wie PKO BP oder mBank scharf.
Dennoch gilt der Schritt als strategisch folgerichtig. In Mittel- und Osteuropa zählt die Erste Group bereits zu den führenden Finanzinstituten – Polen könnte die Lücke zwischen regionaler Stärke und europäischer Relevanz schließen.
Bewertung und Ausblick
Die Börse reagierte verhalten positiv: Die Aktie der Erste Group notierte am Freitagvormittag leicht im Plus. Analysten lobten insbesondere die klare Prognoseanhebung, warnten aber vor einem möglichen Margendruck, sollte der Zinszyklus in Europa kippen.
Langfristig scheint das Management gut positioniert. Die starke Kapitalbasis erlaubt es der Bank, sowohl in Technologie als auch in Expansion zu investieren – ein Balanceakt, den viele Konkurrenten derzeit scheuen.
Ob die ehrgeizige Polen-Strategie gelingt, wird sich 2026 zeigen. Doch eines steht fest: Die Erste Group beweist in einem schwierigen Umfeld, dass Stabilität und Wachstum kein Widerspruch sein müssen.

                
