Ende einer Ära: Evergrande fliegt aus der Börse in Hongkong

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Ende einer Ära: Evergrande fliegt aus der Börse in Hongkong

Chinas höchstverschuldeter Immobilienkonzern verliert nach 15 Jahren seine Notierung. Die Zerschlagung durch ein Gericht in Hongkong markiert den Tiefpunkt einer beispiellosen Firmenkrise, die längst zur Staatsaffäre geworden ist.

Der Absturz eines Giganten

Am Montagmorgen war es soweit: Die Hongkonger Börse strich Evergrande endgültig von der Liste der gehandelten Unternehmen. Bereits seit dem 29. Januar 2024 waren die Aktien eingefroren – nach einer Klage ausländischer Gläubiger hatte ein Gericht in Hongkong die Zerschlagung des Konzerns angeordnet.

Evergrande, mit einem Schuldenberg von rund 300 Milliarden US-Dollar (256 Milliarden Euro), war zu groß geworden, um stabil zu bleiben.

Noch 2009 hatte der Börsengang Euphorie ausgelöst: Der Marktwert des Unternehmens vervielfachte sich, Evergrande war mit mehr als 1.300 Bauprojekten in 280 Städten ein Sinnbild für Chinas urbanen Boom.

Gründer Hui Ka Yan wurde zeitweise zum reichsten Mann des Landes. Heute steht sein Name für die größte Immobilienpleite in der Geschichte der Volksrepublik.

Immobilienboom als politisches Risiko

Die Pleite von Evergrande ist kein isolierter Fall. Die Immobilienbranche, die noch vor wenigen Jahren knapp 20 Prozent zur Wirtschaftsleistung Chinas beitrug, gilt inzwischen als Achillesferse der Volkswirtschaft.

Mit der „Drei Roten Linien“-Regel setzte Peking 2020 Grenzen für die Verschuldung von Baukonzernen – ein Schritt, der ausufernde Kreditexzesse eindämmen sollte. Für hochverschuldete Entwickler wie Evergrande bedeutete dies jedoch den Todesstoß.

Systemisches Risiko: Der Immobiliensektor trug einst 20 % zum BIP bei – Evergrande steht nun für den Vertrauensverlust einer ganzen Branche.

Die Folge: Hunderttausende Wohnungen blieben unvollendet, Käufer, die bereits gezahlt hatten, forderten erbittert Fertigstellungen. In zahlreichen Städten kam es zu Protesten, ungewöhnlich für eine Branche, die lange als Garant für Wohlstand und Aufstieg galt.

Vom Fußballklub zum Schuldenloch

In den Hochzeiten des Booms investierte Evergrande nicht nur in Beton, sondern auch in Prestigeprojekte.

Der Kauf des Fußballvereins Guangzhou FC war Symbol für die Ambitionen Hui Ka Yans, aus Evergrande einen globalen Mischkonzern zu formen. Doch genau diese Expansion – von Elektroautos bis hin zu Mineralwasser – überdehnte das Geschäftsmodell.

Die Behörden reagierten spät, aber hart: Im März 2024 schloss Chinas Börsenaufsicht Hui Ka Yan lebenslang vom Handel aus. Ermittlungen gegen den Milliardär laufen bis heute.

Quelle: Eulerpool

Signalwirkung für Chinas Wirtschaft

Der Fall Evergrande erschüttert weit mehr als nur Gläubiger und Wohnungskäufer. Er trifft den Kern des chinesischen Wachstumsmodells. Immobilien waren über Jahrzehnte die bevorzugte Anlageform der Mittelschicht, die wichtigste Einnahmequelle vieler Provinzen und ein zentraler Pfeiler des Konsumklimas.

Analysten sehen die Löschung von Evergrande daher als Warnsignal: Ohne eine grundlegende Reform der Finanzierung im Immobiliensektor droht die Krise weitere Konzerne in den Abgrund zu reißen. Schon heute kämpfen Entwickler wie Country Garden mit ähnlichen Problemen.

Ein symbolisches Ende

Das Börsen-Aus in Hongkong ist das formale Ende einer Ära – aber nicht das Ende der Krise. Der Schuldenberg von Evergrande verteilt sich auf Banken, internationale Fonds, Bauunternehmen und Millionen chinesischer Haushalte.

Für Peking wird die Aufarbeitung damit zur Bewährungsprobe: Gelingt es, das Vertrauen in Immobilien als Wertanlage wiederherzustellen, oder bleibt Evergrande das Menetekel eines Wachstumsmodells, das jahrzehntelang auf Pump gebaut war?

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