Das Comeback einer Industrieikone?
Die Zahlen sind auf den ersten Blick unspektakulär: Weniger Umsatz, leicht gesunkene Marge. Und doch herrscht in Wiesloch-Walldorf eine fast schon kämpferische Zuversicht.
Heidelberger Druck, einst Symbol des deutschen Maschinenbaus, sieht sich wieder auf Wachstumskurs – nicht mit lautem Tamtam, sondern mit konkreten Zahlen und einem selbstbewussten Blick nach vorn.
Kein Boom, aber Klarheit
Im abgelaufenen Geschäftsjahr 2024/25 rutschte der Umsatz zwar um fünf Prozent auf 2,28 Milliarden Euro ab, auch die operative Marge (Ebitda) sank leicht auf 7,1 Prozent.
Doch der Auftragseingang legte um satte sechs Prozent auf 2,433 Milliarden Euro zu – ein Signal, das Vorstandschef Jürgen Otto sichtlich stolz macht. Für ihn ist klar: „Wir sind effizienter geworden, unsere Kunden investieren – und wir liefern.“
Messe in China, Rückenwind in Europa
Einen zentralen Wachstumsimpuls sieht Otto in der Branchenmesse Print China im Mai. Dort stieß das Unternehmen offenbar auf reges Interesse asiatischer Kunden – ein wichtiges Signal für die globale Relevanz der Marke.
Heidelberger Druck gilt in seiner Nische seit Jahren als Marktführer für Bogenoffsetmaschinen, insbesondere bei hochautomatisierten Drucklinien. Die Kundschaft? Zeitungsverlage, Verpackungsindustrie, Druckdienstleister.
Zukunftsstrategie: Mehr Marge statt mehr Masse
Für das laufende Geschäftsjahr 2025/26 plant Otto einen moderaten Umsatzanstieg auf 2,35 Milliarden Euro – bei einer Ebitda-Marge von bis zu acht Prozent.
Das klingt nicht spektakulär, aber im Maschinenbau bedeutet jedes Zehntel Effizienzgewinn oft jahrelange Investitionen in Fertigung, Software und Service. Otto spricht von „deutlich verbesserter Leistungsfähigkeit“, was Branchenkenner als Hinweis auf Fortschritte bei Automatisierung und digitalen Wartungsmodellen deuten.
Trump kann kommen – die Druckmaschinen bleiben
Spannend ist auch Ottos gelassene Haltung gegenüber geopolitischen Risiken. Auf die Frage nach möglichen Strafzöllen unter einer zweiten Trump-Regierung antwortet er fast lapidar:
„Wir haben keinen Wettbewerber in den USA, der ähnliche Maschinen anbietet. Wenn Zölle kommen, werden wir sie weiterreichen.“
Es ist ein seltener Moment der Klarheit in einer Branche, die sonst gern in diplomatischen Formeln spricht. Otto setzt darauf, dass amerikanische Kunden auch künftig auf Heidelberger angewiesen sind – Zölle hin oder her.
Industriepolitik ohne Subventionen
Anders als viele seiner Kollegen verzichtet Otto auf Klagen über Standortnachteile oder Subventionslücken. Kein Ruf nach Staatshilfe, keine Lamentationen über Energiepreise. Stattdessen: Fokus auf Prozesse, Qualität und Marktpräsenz.
Auch wenn die Margenprognose von „bis zu acht Prozent“ eher konservativ klingt, zeigt sie doch, dass Heidelberger Druck sich wieder zutraut, Gewinne nicht nur durch Kostensenkungen, sondern durch Nachfrage zu erzielen.
Ein Traditionsunternehmen tastet sich zurück
Heidelberger Druck war in der Vergangenheit oft genug Wackelkandidat – Stellenabbau, Werksschließungen, rote Zahlen.
Der Wandel zur „schlanken Industrieplattform mit hoher Marge“ ist kein PR-Spruch, sondern Ausdruck einer realen Transformation. Der Spagat zwischen alter Ingenieurskunst und neuer Effizienzagenda gelingt bislang leise, aber stabil.
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