Die Stunde der Inferenz
Als Nvidia noch mit KI-Träumen Milliarden einsammelt, liefert Groq bereits konkrete Ergebnisse – und zwar blitzschnell. Die 2016 gegründete Firma aus Kalifornien hat sich auf sogenannte Inferenz-Prozesse spezialisiert: also auf die Echtzeitausführung von KI-Modellen, nachdem sie trainiert wurden.
Statt Datenmonstern wie ChatGPT das Denken beizubringen, sorgt Groq dafür, dass diese Gedanken auch flott ausgesprochen werden. Für Entwickler bedeutet das: weniger Wartezeit, niedrigere Kosten und skalierbare Anwendungen.
Die technologische Grundlage ist kein GPU-Chip, wie bei Nvidia, sondern eine selbstentwickelte „Language Processing Unit“ (LPU), die exakt auf diese Aufgabe zugeschnitten ist – und in der Cloud ebenso funktioniert wie im lokalen Rechenzentrum.
Mit dieser Spezialisierung will Groq nicht nur schneller, sondern auch effizienter sein. Gründer und CEO Jonathan Ross formuliert es gewohnt offensiv:
„Wir übernehmen das Geschäft mit hohem Volumen und niedrigen Margen – den Rest können andere machen.“
Finnland statt Kalifornien
Weniger plakativ, aber umso strategischer ist die Wahl des neuen Standorts: Helsinki. Dort hat Groq kürzlich sein erstes europäisches Rechenzentrum eröffnet – bewusst abseits der üblichen Tech-Zentren.

Das nordische Land bietet stabile Strompreise, natürliche Kühlung und vor allem: grüne Energie. Im energieintensiven KI-Zeitalter keine Nebensache. Gleichzeitig ermöglicht der Standort Europa-nahen Kunden minimale Latenzzeiten und regulatorisch saubere Datenflüsse – ein entscheidender Vorteil gegenüber US-zentrierten Cloudlösungen.
Der Betreiber Equinix sorgt mit seinem Netzwerk dafür, dass Unternehmen nicht auf das öffentliche Internet angewiesen sind. Das Ergebnis: sichere und skalierbare Inferenz-Infrastruktur, maßgeschneidert für eine Region, die zunehmend eigene digitale Souveränität anstrebt.
Saudi-Geld für amerikanische Chips
Noch größer als die Infrastrukturambitionen ist jedoch das Kapital, das Groq derzeit aufnimmt. Laut „The Information“ soll eine neue Finanzierungsrunde zwischen 300 und 500 Millionen US-Dollar einbringen – und die Bewertung des Unternehmens auf sechs Milliarden US-Dollar anheben.
Das Timing ist kein Zufall: Groq hat sich im Februar einen Großauftrag aus Saudi-Arabien gesichert. Die Golfmonarchie will Chips im Wert von 1,5 Milliarden Dollar beziehen – ein Deal, der Groq allein in diesem Jahr rund 500 Millionen Dollar Umsatz bringen dürfte.
Die Lieferkette? Flexibler als bei Nvidia. Während der Marktführer auf hochspezialisierte Speicherchips setzt, die derzeit Mangelware sind, verzichtet Groq auf diese Komponenten. Stattdessen stammen die meisten Materialien aus Nordamerika – was geopolitisch wie logistisch ein echter Vorteil ist.
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David gegen Goliath – aber mit Plan
Natürlich ist Groq kein Nvidia. Noch nicht. Mit einem Marktwert von über 3 Billionen Dollar und einer Vormachtstellung im Training komplexer KI-Modelle bleibt der Platzhirsch außer Reichweite.
Aber Groq will ihn dort gar nicht angreifen. Stattdessen besetzt das Startup eine wirtschaftlich unterschätzte Nische: die schnelle, kosteneffiziente Anwendung von KI-Modellen im täglichen Betrieb – ein Markt, der in den kommenden Jahren massiv wachsen dürfte.
Und während Nvidia in gigantische Rechenzentren und exklusive KI-Trainingsmodelle investiert, setzt Groq auf ein zugänglicheres Geschäftsmodell – und erreicht laut eigenen Angaben schon heute über 1,8 Millionen Entwickler und zahlreiche Fortune-500-Kunden.
Groq könnte der bessere Nvidia sein – für alle, die rechnen können
Die KI-Revolution wird nicht im Silicon-Valley-Buzz entschieden, sondern in der Infrastruktur, die sie trägt. Groq liefert hier, was viele Tech-Konzerne nur versprechen: Geschwindigkeit, Effizienz und Unabhängigkeit.
Dass die Firma ihre Margen bewusst niedrig hält, ist kein Makel – sondern Teil einer durchdachten Strategie. Für Investoren, die nicht nur auf Kursraketen, sondern auf verlässliche Skalierung setzen, könnte Groq zur ernsthaften Alternative werden.
Oder wie es CEO Ross sagt: „Wir machen das Geschäft, das andere nicht wollen – und genau darin liegt unser Vorteil.“
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