27. Juli, 2024

Politik

Deutsches Zögern bei EU-Lieferkettengesetz: Brüsseler Pläne stehen auf der Kippe

Deutsches Zögern bei EU-Lieferkettengesetz: Brüsseler Pläne stehen auf der Kippe

Ein Rückschlag für die ambitionierte EU-Handelspolitik zeichnet sich ab. Deutschland könnte das federführende Land sein, das das geplante, strengere EU-Lieferkettengesetz zu Fall bringt. Aus den Reihen der Bundesregierung drang durch, dass die Ministerien für Justiz und Finanzen Vorbehalte gegen die aktuelle Fassung des Gesetzes hegen. Die Enthaltung Deutschlands bei kommenden Abstimmungen im Rat der Europäischen Union, angezeigt durch die FDP-Minister Marco Buschmann und Christian Lindner, könnte effektiv einem "nein" gleichkommen und die Implementierung verhindern.

Die Bestimmungen des geplanten Gesetzes beabsichtigen, große Unternehmen für Menschenrechtsverletzungen in ihren Lieferketten verantwortlich zu machen, was beispielsweise bei Kinder- oder Zwangsarbeit außerhalb der EU relevant wird. Ebenso werden von den Unternehmen konkrete Maßnahmen zur Einhaltung der Pariser Klimaziele erwartet. Während sich Unterhändler des Europaparlaments und der Mitgliedsstaaten bereits auf einen Kompromiss einigten, steht eine finale rechtstextliche Fassung des Gesetzes noch aus und damit auch die abschließende Zustimmung der EU-Staaten und des Europaparlaments.

Das Ausbleiben der deutschen Unterstützung erweckt Unsicherheit unter den EU-Mitgliedsstaaten. Es ist ungewiss, ob eine ausreichende Mehrheit für die Verabschiedung des Gesetzes noch zustande kommt, zumal befürchtet wird, dass weitere Länder dem deutschen Beispiel folgen könnten. Trotz dieser Hürden bleibt die belgische Ratspräsidentschaft optimistisch und setzt auf Fortschritte bei den Verhandlungen.

Während Deutschland bereits ein eigenes Lieferkettengesetz besitzt, würde das EU-Gesetz dieses in wesentlichen Punkten wie der Unternehmensgröße und zivilrechtlichen Haftung überbieten. Die Bedenken von Buschmann und Lindner richten sich insbesondere auf den Bausektor und die befürchtete Überforderung kleiner und mittelständischer Unternehmen.

Die deutsche Wirtschaft verstärkt den Druck auf die Politik. In einem Schreiben an Bundeskanzler Olaf Scholz plädieren Spitzenverbände für eine ablehnende Position gegenüber der EU-Variante des Lieferkettengesetzes, um rechtliche Unwägbarkeiten und betriebswirtschaftliche Risiken zu umgehen.