Der schleichende Machtverlust
Noch vor zehn Jahren schienen deutsche Autozulieferer unantastbar. Namen wie Bosch, ZF oder Continental galten als Synonym für Qualität und Innovationskraft.
Heute ist die Bilanz ernüchternd: Laut einer Analyse von Strategy&, dem Beratungsarm von PwC, sank ihr globaler Marktanteil bis 2024 auf 23 % – drei Punkte weniger als 2014.
Parallel stiegen chinesische Zulieferer von 5 auf 12 %. Vor zwei Jahrzehnten spielten sie praktisch keine Rolle. Nun aber drängen sie in den Kernbereich der Wertschöpfungskette, den deutsche Konzerne bislang für sich beanspruchten.
Batterien und Software – Chinas Trumpfkarte
Der Machtwechsel hat eine klare Ursache: Schlüsseltechnologien. Während deutsche Unternehmen weiterhin auf klassische Antriebe, Effizienzsteigerungen und inkrementelle Verbesserungen setzen, gehen chinesische Hersteller in die Offensive.
Ob Batteriezellen, E-Antriebe oder Fahrzeugsoftware – in all diesen Bereichen liefern sie schneller, günstiger und zunehmend auch besser. Der Preisvorteil ist dabei nur ein Teil der Gleichung. Ebenso wichtig: Produkte aus China kommen im Rekordtempo auf den Markt, während deutsche Entwicklungsprozesse noch in langen Abstimmungsschleifen stecken.
Abhängigkeit von stagnierenden Kunden
Hinzu kommt eine strukturelle Schwäche: Deutschlands Zulieferer sind stark von europäischen OEMs abhängig. Doch gerade diese verlieren in China, dem wichtigsten Absatzmarkt, massiv an Boden. Die dortigen Autohersteller bedienen sich längst heimischer Zulieferer – ein Teufelskreis, der die deutschen Anbieter doppelt trifft.

Die Studie weist darauf hin, dass die Umsätze der zehn größten Autokonzerne weltweit 2024 stagnierten. Der Gesamtmarkt für Zulieferer legte zwar leicht auf 1,15 Billionen Euro zu, doch davon profitierten vor allem die Wettbewerber aus Fernost.
Déjà-vu: Krisenresistenz der 1990er Jahre
Ganz ohne Hoffnung ist das Bild nicht. Schon in den 1990er Jahren durchlief die Branche eine tiefe Krise – und schaffte die Wende. Damals waren es Prozessoptimierungen, Globalisierungsschritte und die Ausweitung der Produktpalette, die das Überleben sicherten.
Heute lautet die Herausforderung anders: Weg von der reinen Verfeinerung bestehender Technologien, hin zu radikal neuen Feldern wie KI-gestützter Softwarearchitektur, vernetzten Mobilitätsdiensten oder nachhaltigen Energiespeichern.
Ein Weckruf an die Branche
„Der Druck ist hoch“, sagt Henning Rennert, einer der Studienautoren. „Aber die Branche hat gezeigt, dass sie an Krisen wachsen kann.“ Diese Aussage klingt zugleich wie Mahnung und Trost.
Denn klar ist: Wer weiterhin in gewohnten Zyklen denkt, wird weiter Marktanteile verlieren. Wer aber Geschwindigkeit, Mut und Investitionen in neue Technologien vereint, kann die Abwärtsspirale stoppen – und vielleicht wieder zur Innovationsmacht aufsteigen.
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