04. Oktober, 2025

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Deutsche Konsum am Abgrund: Warum die VBL jetzt zur Retterin wird

Die größte deutsche Versorgungseinrichtung übernimmt bei der Sanierung der Deutschen Konsum eine Schlüsselrolle – und könnte bald Mehrheitsaktionär werden. Doch der Schritt birgt Risiken für die VBL, die eigentlich das Geld von Millionen Beschäftigten im öffentlichen Dienst verwaltet.

Deutsche Konsum am Abgrund: Warum die VBL jetzt zur Retterin wird
Die Deutsche Konsum REIT kämpft mit massiven Abschreibungen und droht den steuerbegünstigten REIT-Status zu verlieren – ein weiterer Rückschlag für den einstigen Fachmarkt-Spezialisten, dessen Aktie seit 2021 von über 15 Euro auf unter 2 Euro abgestürzt ist.

Schulden gegen Aktien

Die Deutsche Konsum Reit AG, einst gefeierter Spezialist für Fachmarktimmobilien in der Provinz, kämpft ums Überleben. Der Kurs der Aktie liegt heute bei unter zwei Euro, weit entfernt vom Hoch bei über 15 Euro im Jahr 2021. Die Krise, ausgelöst durch fragwürdige Geschäfte unter Ex-CEO Rolf Elgeti, zwingt das Unternehmen zu einer radikalen Restrukturierung.

Ende August präsentierte das Management den Plan: Ein Teil der massiven Schulden soll in Aktien umgewandelt werden, zusätzlich sollen Immobilien im Wert von bis zu 300 Millionen Euro verkauft werden. Das Ziel: eine drastische Entschuldung, die bis 2027 Zeit verschafft.

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Die VBL rückt ins Zentrum

Die entscheidende Figur dabei ist die Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL). Eigentlich verwaltet sie die Zusatzrenten von mehr als 4,8 Millionen Beschäftigten im öffentlichen Dienst – und bewegt dabei ein Kapitalvermögen von über 50 Milliarden Euro. Nun aber steigt sie ausgerechnet bei einem angeschlagenen Immobilien-REIT zum größten Aktionär auf.

Deutsche Konsum REIT-AG: Downloads

Bereits heute hält die VBL rund 25 Prozent der Anteile, weitere 25 Prozent gehören Elgeti. Nach der geplanten Umwandlung von Forderungen im Wert von 108 Millionen Euro in neue Aktien dürfte die VBL deutlich über die 50-Prozent-Marke steigen – und damit faktisch die Kontrolle übernehmen.

Ein Schritt, der für eine Pensionskasse höchst ungewöhnlich ist. „Die VBL ist kein typischer Aktieninvestor“, sagt Analyst Andreas Pläsier von Warburg Research.

„Die Umwandlung war aber wohl alternativlos, um das Unternehmen nicht in die Insolvenz zu treiben.“

Das Erbe des Rolf Elgeti

Kaum eine Figur hat die Deutsche Konsum so geprägt wie Rolf Elgeti. Der einstige Investmentbanker und selbsternannte Sanierer war von 2015 bis 2023 CEO und danach noch kurze Zeit im Aufsichtsrat. Unter ihm wurde das Unternehmen an die Börse gebracht und in einen REIT umgewandelt. Gleichzeitig vermischte Elgeti über seine Gesellschaft Obotritia geschäftliche Interessen – ein Konstrukt, das sich als tickende Zeitbombe erwies.

Als 2023 ein Darlehen von 62,5 Millionen Euro verspätet zurückgezahlt wurde, rutschte die Deutsche Konsum in eine Vertrauenskrise. Analysten sprechen offen von einer toxischen Verquickung zwischen Obotritia und DKR, die das Unternehmen an den Rand gedrängt habe.

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Die VBL hat darauf reagiert: Sie drängte auf eine Neubesetzung des Aufsichtsrats und die Trennung von geschäftlichen Verbindungen zu Elgeti. Heute ist er nur noch Aktionär – sein Einfluss jedoch bleibt durch seinen großen Anteil bestehen.

Verlust des REIT-Status

Die Krise hat auch eine juristische Dimension: Die Deutsche Konsum wird aller Voraussicht nach ihren steuerbegünstigten REIT-Status verlieren. Drei Jahre in Folge wird die Eigenkapitalquote unter die vorgeschriebenen 45 Prozent fallen.

Für Anleger bedeutet das, dass künftig Körperschaft- und Gewerbesteuern fällig werden – ein erheblicher Wettbewerbsnachteil. „Der Verlust des Status war absehbar“, sagt Analyst Pläsier. „Die Auswirkungen sind eingepreist, ändern aber nichts daran, dass das Geschäftsmodell unter Druck steht.“

Risiko für die VBL – oder Chance?

Für die VBL ist das Engagement heikel. Offiziell betont sie, man sichere so die eigenen Investments ab und verhindere Notverkäufe von Immobilien zu Schleuderpreisen. Tatsächlich passt das Geschäftsmodell von lebensmittelgestützten Fachmarktzentren zur Investmentstrategie der VBL, die seit Jahren auf stabile Cashflows aus Immobilien setzt.

Doch die Dimension bleibt ungewöhnlich: Mit über 100 Millionen Euro ist das Engagement zwar klein gemessen am Gesamtvermögen der VBL – aber groß genug, um Fragen aufzuwerfen, ob eine staatliche Versorgungseinrichtung in dieser Rolle als faktischer Sanierer eines börsennotierten Immobilienkonzerns auftreten sollte.

Ein Balanceakt bis 2027

Die kommenden Jahre werden zur Bewährungsprobe. Bis September 2027 muss die Deutsche Konsum ihre Schulden weiter abbauen, Immobilien im dreistelligen Millionenbereich verkaufen und das Vertrauen von Kapitalmarkt und Banken zurückgewinnen.

Für die VBL bleibt der Schritt ein Drahtseilakt. Sollte die Sanierung gelingen, könnte sie von stabilen Immobilienerträgen profitieren und ihr Investment retten. Scheitert der Plan, drohen Verluste – und ein Imageproblem: die größte deutsche Pensionskasse als Hauptaktionär eines gescheiterten Immobilien-REITs.

Ein ungewöhnlicher Rettungseinsatz

Die Restrukturierung der Deutschen Konsum ist mehr als ein Branchenfall. Sie zeigt, wie eng der Immobilienboom und die Altersvorsorge in Deutschland miteinander verflochten sind – und wie riskant die Abhängigkeit von Niedrigzinsen und Wertsteigerungen geworden ist.

Die VBL geht nun einen Schritt, den sie bisher vermieden hat: vom stillen Kapitalgeber zum aktiven Sanierer. Ob daraus ein Modell für die Zukunft wird – oder ein warnendes Beispiel für die Grenzen institutioneller Anleger – wird die Hauptversammlung in wenigen Wochen entscheiden.