Daimler Truck hat ein Quartal hinter sich, das man in der Chefetage lieber schnell abhaken möchte. Umsatz runter, Gewinn runter, Marge runter – das volle Programm. Und trotzdem führt die Aktie am Vormittag den DAX an. Ein Paradox? Nur auf den ersten Blick.
Daimler Truck musste im dritten Quartal kräftige Rückgänge verkraften. Das Industriegeschäft schrumpfte um 14 Prozent auf 10,6 Milliarden Euro. Das operative Ergebnis sackte sogar um 40 Prozent ab – auf 716 Millionen Euro. Die Marge fiel auf 6,3 Prozent. Finanzchefin Eva Scherer nennt es „schwierige Marktbedingungen in den USA“, dem wichtigsten Absatzmarkt für die schweren Trucks.
Der Gewinn je Aktie rutschte auf 57 Cent – ein Viertel weniger als im Vorjahresquartal. Normalerweise reagiert der Markt auf solche Nachrichten allergisch. Doch heute nicht. Anleger hatten den Einbruch bereits erwartet.
Warum der Markt trotzdem kauft
Die Analysten hatten genau dieses Bild auf dem Radar: schwacher nordamerikanischer Markt, auslaufende Nachfrage nach Flottenmodernisierungen, Belastung bei Stückzahlen und Preisen. Dass es nun tatsachlich so gekommen ist, scheint die Börse eher zu beruhigen als zu erschrecken. „Endlich Klarheit“, hört man in Handelsräumen. Unsicherheit kostet mehr als schlechte Zahlen.
Stabil bleibt der Auftragseingang: knapp 94.000 Fahrzeuge, vor allem getragen von Europa. Das bedeutet: Die Produktion ist nicht das Problem – es ist der Zyklus. Und Zyklen enden.
Zwischen Einschätzung und Realität – Analysten gespaltener Meinung
Während Warburg Research auf „Buy“ bleibt (Kursziel 55 Euro), wertet Bernstein Research das Zahlenwerk als „Underperform“ – mit Kursziel 30 Euro. JPMorgan bleibt „Overweight“ bei 50 Euro. Drei Analysten – drei Richtungen. Es gibt selten ein stärkeres Signal dafür, dass hier eine Wette läuft: Was wie ein strukturelles Problem aussieht, könnten nur Zyklusschwankungen sein.
Doch die große Frage liegt außerhalb des Zahlenwerks: Wie wirken sich mögliche US-Zölle in einem Wahljahr auf Daimler Truck aus? Und was bedeutet die schwächere Nachfrage im Flottenbereich für 2026? Radström hält den Ausblick – schon mehrfach gekappt – stabil. „Stabil“ kann auch heißen: ohne positive Überraschung.
Der Markt sucht Orientierung – die Charttechnik liefert sie
Die Aktie arbeitet an einer Bodenbildung. Entscheidend wird der Sprung über die 38-Tage-Linie. Richtiges Momentum gibt es erst oberhalb der 200-Tage-Linie – bei rund 38 Euro. Unterhalb davon bleibt alles technische Erholung.
Die Börse ist heute nicht euphorisch. Sie ist erleichtert.
Wenn Erwartungen das Geschäft machen
Daimler Truck liefert ein Lehrstück für moderne Börsenpsychologie. Schlechte Zahlen sind kein Problem – solange sie vorher bekannt sind. Anleger kaufen nicht das Jetzt. Sie kaufen das Danach.
Der Markt will keine Perfektion.
Er will Planbarkeit.

