Christian Drosten, der Virologe der Charité Berlin, hat in den letzten Jahren eine zentrale Rolle in der öffentlichen Diskussion über die Corona-Pandemie gespielt. Gemeinsam mit Georg Mascolo, dem ehemaligen Chefredakteur des Nachrichtenmagazins „Der Spiegel“, publiziert er nun das Buch „Alles überstanden?“ In einem ausführlichen Gespräch analysieren die beiden Experten die Ereignisse und Entscheidungen der Pandemiezeit.
Das Buch thematisiert diverse Aspekte der Pandemie, vom politischen Krisenmanagement über die Rolle der Wissenschaft bis hin zur Medienberichterstattung. Eine zentrale Frage bleibt: Wie können zukünftige Pandemien verhindert werden? Drosten beschreibt die Pandemie als eine „Naturkatastrophe in Zeitlupe“, vergleichbar mit einem Vulkanausbruch oder Kriegsausbruch, jedoch auf langsamerer Zeitebene.
Das Werk beleuchtet auch kritische Entscheidungen wie die kontroversen Schulschließungen. Hier standen nicht nur die Bildungsrückstände der Kinder im Fokus, sondern auch die Auswirkungen auf Familien, insbesondere wenn Eltern in systemrelevanten Berufen arbeiten. Drosten betont dabei, dass andere Maßnahmen, wie Regelungen am Arbeitsplatz, oft von starken Interessenvertretern beeinflusst wurden.
Der Begriff „Präventionsparadox“ wird ebenfalls erörtert: Die gute Handhabung der ersten Welle im Frühjahr 2020 führte dazu, dass die Öffentlichkeit die Notwendigkeit weiterer Maßnahmen unterschätzte. Dies führte zu einer härteren zweiten Welle im Herbst. Mascolo bringt hier das Beispiel der Lagerung von Schutzausrüstung wie Masken ein, die präventiv kritisiert wurde, obwohl solche Maßnahmen deutlich vernünftiger seien als erst im Krisenfall zu reagieren.
Ein weiterer Schwerpunkt des Buches ist die nach wie vor ungeklärte Herkunft von Sars-CoV-2. Mascolo kritisiert hierbei besonders Chinas Verhalten und dessen Blockade der Ursprungsforschung. Auch die ineffektive Strategie Chinas während der Pandemie wird analysiert. Mascolo hebt hervor, dass Demokratien durch Widerspruch und Korrekturen besser auf derlei Krisen reagieren können, während Diktaturen oft auf Einschüchterung und Kontrolle setzen.
Das Buch thematisiert auch die mangelnde Aufarbeitung der Pandemie durch Politik und Medien. Während in anderen Ländern bereits detaillierte Berichte vorliegen, steht Deutschland noch am Anfang eines solchen Prozesses. Mascolo und Drosten plädieren für eine rigorose Aufarbeitung, um aus den begangenen Fehlern zu lernen.
Drosten selbst erörtert die persönliche Belastung durch seine Rolle während der Pandemie, betont jedoch, dass er diese Verantwortung erneut übernehmen würde, sollte eine ähnliche Situation auftreten. Abschließend warnt Drosten vor weiteren potenziellen Pandemie-Kandidaten wie dem H5N1-Vogelgrippevirus, Mers-Coronavirus und anderen gefährlichen Erregern.
„Alles überstanden?“ ist ein informatives Buch, das durch den Dialogcharakter leicht zugänglich ist und viele Missverständnisse und Mythen rund um die Pandemie aufklärt. Es ist nicht nur eine Rückschau, sondern auch ein Aufruf zur Wachsamkeit und Vorsorge.