27. Juli, 2024

Politik

Bulgarien wählt erneut – Ein Land zwischen Westbindung und russischem Einfluss

Bulgarien wählt erneut – Ein Land zwischen Westbindung und russischem Einfluss

Bulgarien steht erneut vor der Herausforderung, ein stabiles Parlament zu wählen, nachdem am Sonntag die sechste Parlamentswahl innerhalb von gut drei Jahren begonnen hat. Die Wahl findet parallel zur Europawahl statt und soll über die zukünftige politische Ausrichtung des Landes entscheiden, insbesondere nach der Regierungskrise im März, die durch den Bruch der prowestlichen liberal-konservativen Regierungskoalition von Ministerpräsident Nikolaj Denkow ausgelöst wurde.

Mit 22 Parteien und 11 Koalitionen im Rennen scheint das Mitte-Rechts-Bündnis Gerb-SDS um den ehemaligen Regierungschef Boiko Borissow klar vorne zu liegen. Umfragen zufolge könnte es rund 25 Prozent der Stimmen auf sich vereinen. Diese deutliche Führung hat Gerb-SDS eine vielversprechende Ausgangsposition verschafft.

Der Kampf um den zweiten Platz ist hingegen heftig umstritten. Mit etwa 15 Prozent der Stimmen könnten gleich drei politische Kräfte als zweitstärkste abschneiden. Das liberal-konservative Bündnis PP-DB, die prorussische Partei Wasraschdane (Wiedergeburt) und die DPS, eine Bewegung für Rechte und Freiheiten der türkischen Minderheit, liefern sich ein enges Rennen.

Die Neuwahl ist entscheidend für die geopolitische Orientierung des ärmsten EU-Landes. Während die rivalisierenden prowestlichen Lager wie Gerb-SDS und PP-DB am euro-atlantischen Kurs festhalten möchten, fordert Wasraschdane sogar die Neuverhandlung der EU-Mitgliedschaft und einen Austritt aus der Nato nach 20 Jahren Mitgliedschaft. Gemeinsam mit den Sozialisten (BSP), die auf etwa acht Prozent der Stimmen hoffen, verlangen sie zudem, dass Bulgarien seine Militärhilfe für die Ukraine einstellt.

Politologen warnen, dass mindestens sechs politische Kräfte in das neu gewählte Parlament einziehen könnten, was die Regierungsbildung schwierig gestalten dürfte. Bis eine reguläre Regierung steht, bleibt das Übergangskabinett im Amt.

Die Wahllokale schließen um 19.00 Uhr (MESZ), erste aussagekräftige Prognosen und Hochrechnungen werden in der Nacht zu Montag erwartet, während Teilergebnisse voraussichtlich am Montagmorgen bekannt gegeben werden.