Ein weiteres Milliardenloch
NIO bleibt seiner Linie treu: Wachstum ja – aber um jeden Preis. Auch im ersten Quartal 2025 häufen sich bei dem chinesischen E-Autohersteller erneut tiefrote Zahlen an.
Der operative Verlust kletterte auf ein neues Jahreshoch, während der Umsatz zwar steigt, jedoch hinter den Erwartungen bleibt. Unterm Strich steht ein Verlust je Aktie von 3,29 CNY – deutlich mehr als die von Analysten prognostizierten -2,56 CNY.
Mehr Umsatz, weniger Vertrauen
Zwar wuchs der Umsatz im Jahresvergleich von 9,91 auf 12,03 Milliarden Yuan – das ist ein Plus von gut 21 %. Doch das genügte nicht, um den Markt zu überzeugen: Analysten hatten mit 12,57 Milliarden gerechnet.
Damit verfehlt NIO die Erwartungen nun schon zum wiederholten Mal – ein Muster, das nicht nur auf schwächelnde Nachfrage, sondern auch auf strukturelle Probleme in der Kostenkontrolle hindeutet.
Was die Börse daraus macht
Die NIO-Aktie reagierte – erstaunlich zurückhaltend. Ein leichtes Plus von 0,71 % auf 3,55 US-Dollar signalisiert: Viele Anleger hatten Schlimmeres befürchtet.
Doch der Langfristtrend ist eindeutig: Seit Jahresbeginn hat das Papier mehr als 40 % verloren. Wer heute einsteigt, setzt nicht mehr auf eine Erfolgsgeschichte – sondern auf einen riskanten Turnaround.
Die große Tesla-Gleichung
Lange galt NIO als das asiatische Gegenstück zu Tesla – jung, innovativ, ambitioniert. Doch mit Elon Musks Konzern kann NIO in Sachen Effizienz, Marge und Markenbindung kaum mithalten.
Während Tesla auch in schwierigen Quartalen Gewinne einfährt, zahlt NIO weiterhin Milliarden für Wachstum, das nicht profitabel wird. Und während Tesla seine Stückkosten senkt, sieht man bei NIO keinen klaren Weg in die Gewinnzone.
Zu viele Baustellen
Die Probleme liegen tief: Trotz technologischer Fortschritte beim Batterietauschsystem und moderner Designs gelingt es NIO nicht, die operative Kostenbasis zu senken.
Die Marketingausgaben steigen, der Servicebereich bleibt defizitär, und die Expansion nach Europa – etwa nach Deutschland und Norwegen – frisst Ressourcen, ohne bisher nennenswerte Marktanteile zu sichern.
Warum Investoren noch bleiben
Einige Investoren halten NIO dennoch die Treue. Warum? Hoffnung. Hoffnung auf staatliche Förderung aus Peking. Hoffnung auf steigende Rohstoffpreise für Batterieproduzenten.
Hoffnung, dass das Unternehmen bei steigender Produktionsauslastung irgendwann die Gewinnzone erreicht. Hoffnung – keine Strategie.
Ein schwieriger Ausblick
Am Kapitalmarkt wird mittlerweile diskutiert, wie lange sich NIO das Spiel noch leisten kann. Zwar ist der Konzern mit frischem Kapital ausgestattet – unter anderem durch einen Deal mit der Abu Dhabi Investment Authority – doch wie lange reicht das Geld? Und noch wichtiger: Was passiert, wenn die nächsten Quartale ebenfalls enttäuschen?
Fazit – und ein Zwischenruf
NIO steht an einem kritischen Punkt: Der Markt wächst, die Nachfrage nach E-Autos ist da. Doch der Konzern läuft Gefahr, sich mit zu vielen Ambitionen zu verzetteln. Ein nachhaltiger Turnaround braucht nicht nur Kapital, sondern vor allem Klarheit, Disziplin – und einen Plan, wie man endlich profitabel wird.
Noch wird NIO an der Börse wie ein Wachstumsunternehmen gehandelt. Doch was, wenn die Zukunft auf Dauer nur aus Wachstum ohne Gewinn besteht?
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