14. November, 2025

Quartalszahlen

Brenntag kämpft um den Kurswechsel – zwischen Sparkurs und Strategiewandel

Der Chemikalienhändler aus Essen steckt in einem schwierigen Marktumfeld. Sinkende Gewinne, Kostendruck und eine zähe Weltkonjunktur machen Brenntag zu schaffen – doch CEO Jens Birgersson sieht Chancen im Umbau.

Brenntag kämpft um den Kurswechsel – zwischen Sparkurs und Strategiewandel
Brenntag hat im dritten Quartal Umsatz und Gewinn erneut eingebüßt. Trotz Sparprogramm und Restrukturierung bleibt die Chemienachfrage schwach – der Konzern kämpft weiter um die Trendwende.

Chemiekrise trifft den Branchenriesen

Die Chemiebranche erlebt derzeit eine ihrer härtesten Phasen seit der Finanzkrise. Hohe Energiepreise, schwache Nachfrage aus China und stagnierende Industrieproduktion in Europa haben die Margen vieler Unternehmen erodieren lassen. Auch Brenntag, der weltweit größte Chemikalienhändler, bleibt davon nicht verschont.

Im dritten Quartal sank der Umsatz um 4,7 Prozent auf 3,7 Milliarden Euro, das operative Ergebnis (EBITDA) schrumpfte um 6,7 Prozent auf 330 Millionen Euro. Der Nettogewinn fiel leicht von 120 auf 114 Millionen Euro. Die Zahlen zeigen: Die operative Delle ist da – und sie wird so schnell nicht verschwinden.

Sparen als Pflicht, nicht als Kür

Trotzdem versucht das Management gegenzuhalten. Bereits 45 Millionen Euro hat Brenntag durch sein laufendes Kostensenkungsprogramm eingespart, weitere Einsparungen sollen folgen. CEO Jens Birgersson, seit Frühjahr im Amt, will Strukturen verschlanken und Prozesse vereinfachen.

„Wir müssen Brenntag im Kern stärken“, sagt der Schwede. Er plant eine „hochgradig wettbewerbsfähige und skalierbare Lieferkette“, die das Unternehmen widerstandsfähiger gegen Konjunkturzyklen machen soll. Die neue Strategie will Brenntag in der zweiten Jahreshälfte 2026 vorstellen – bis dahin geht es um Stabilisierung.

Für das laufende Jahr erwartet der DAX-Konzern ein operatives Ergebnis am unteren Ende der Spanne von 950 Millionen bis 1,05 Milliarden Euro. Anleger bleiben vorsichtig. Der Aktienkurs liegt seit Jahresbeginn über 20 Prozent im Minus, trotz einer leichten Erholung nach den Zahlen.

Schwieriger Markt, solide Basis

Das Problem ist weniger hausgemacht als strukturell: Der Welthandel stagniert, die Chemieproduktion in Deutschland liegt noch immer unter Vorkrisenniveau. Viele Abnehmerindustrien – etwa Bau, Elektronik oder Automobil – kämpfen mit schwacher Nachfrage.

Dennoch verfügt Brenntag über eine robuste Marktposition. Das Unternehmen ist in mehr als 70 Ländern aktiv, beliefert über 180.000 Kunden und gilt als Bindeglied zwischen Chemieproduzenten und Endanwendern. Gerade in Zeiten globaler Lieferkettenprobleme könnte diese Rolle an Bedeutung gewinnen.

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Vertrauen braucht Beweise

An der Börse allerdings zählen weniger Strukturen als Resultate. Die Investoren erwarten Beweise, dass Birgerssons Umbau Früchte trägt. Ein überzeugendes Signal wäre eine nachhaltige Verbesserung der Margen – oder erste Anzeichen, dass das Kostensenkungsprogramm mehr bewirkt als nur kurzfristige Entlastung.

Brenntag steht damit stellvertretend für eine ganze Branche: zwischen Energiemarktunsicherheit, geopolitischem Druck und der Frage, wie man in einem stagnierenden Umfeld wachsen kann.

Blick nach vorn

Die langfristigen Aussichten hängen von der globalen Industrieerholung ab – und vom Tempo des eigenen Umbaus. Birgersson setzt auf Geduld und Disziplin. Doch ohne Wachstumsimpulse aus den Kernmärkten bleibt der Spielraum begrenzt.

Für Anleger bedeutet das: Beobachten statt einsteigen. Die Basis stimmt, der Trend noch nicht. Ob Brenntag die Wende schafft, entscheidet sich nicht in Quartalen, sondern in Strategien.

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