Ein halber Kopf einer aufblasbaren Freiheitsstatue dümpelt im Wasser vor dem Haus der Kulturen der Welt. Ein starkes Symbol – zumindest auf den ersten Blick. Doch wer Böhmermanns Ausstellung betritt, merkt schnell: Die große Geste trägt wenig Substanz.
Statt kritischer Auseinandersetzung mit Kunst- und Medienfreiheit liefert der ZDF-Moderator eine Aneinanderreihung von Provokationen, die vor allem eines tun: ihn selbst ins Zentrum stellen.
Verbotene Kameras, offene Fragen
Schon der Auftakt irritiert. Journalisten müssen ihre Kameras und Aufnahmegeräte abgeben, sogar bei der Pressekonferenz. Ein Tabubruch, denn Pressekonferenzen sind per Definition öffentlich – Mitschnitte sichern die Nachvollziehbarkeit.
Hier aber gilt allein Böhmermanns Wort. Seine Begründung: In diesem „Raum regiere die Kunstfreiheit“. Doch wer öffentliche Gelder erhält, muss sich auch öffentlicher Kontrolle stellen. Genau diese Verantwortung blendet der Kurator Böhmermann aus.

Kunst oder Klamauk?
Helmut Kohl als Butterfigur, eine „Waisenvernichtungsmaschine“, Aktbilder des Bundeskanzlers aus der KI. Es sind Gags, die an WG-Kühlschrankhumor erinnern, nicht an eine ernsthafte Auseinandersetzung mit der politischen Gegenwart.
Wo andere Künstler die Mechanismen von Social Media reflektieren, träumt Böhmermann von einer Welt ohne Smartphones – eine nostalgische Fantasie, die an der Realität vorbeigeht.
Die Freiheit, die er meint
Offiziell soll die Schau die Kunst- und Meinungsfreiheit verteidigen. Tatsächlich wirkt sie wie eine Kapitulation vor der Komplexität unserer Zeit. Statt Dialog gibt es Regeln, statt offener Debatte selbstgesetzte Tabus.
Ein E-Scooter-Nest an der Wand, Spiegel zur Spionage ins Kanzleramt, Gräber für Milliardäre – all das mag originell klingen, bleibt aber vordergründig. Freiheit wird hier nicht verteidigt, sondern dekoriert.

Kuratorische Eitelkeit statt Erkenntnis
Besonders entlarvend ist der Pavillon, in dem Böhmermanns Gerichtsakten ausgestellt sind. Prozesse, Abmahnungen, Schreiben – kunstvoll geschwärzt und meterhoch montiert.
Sicher beeindruckend in der Menge, aber kaum lesbar und ohne Kontext. Statt Aufklärung gibt es Spektakel, statt Einordnung bloßes Ornament. Eine Leistungsschau der eigenen Rechtsstreitigkeiten – doch was hat das mit Kunstfreiheit zu tun?
Politische Provokation als Selbstzweck
Als eine Journalistin nach antisemitischen Provokationen fragt, weicht Böhmermann ins Flapsige aus. Erst Witz, dann Ernst, dann wieder Witz. Diese Mischung aus Trotzigkeit und Ironie mag im Fernsehen funktionieren. Auf einer Kunstausstellung aber wirkt sie regressiv. An die Stelle von Haltung tritt Selbstinszenierung.
Das große Problem: Beliebigkeit
Das Haus der Kulturen der Welt wollte ein Zeichen setzen, hat aber Böhmermanns Crew freie Hand gegeben. Das Ergebnis: eine Schau, die mehr über den Moderator erzählt als über Kunst oder Freiheit.
Die Ironie: Ausgerechnet im Namen der „Unvernunft“ entstehen streng reglementierte Räume, die Medienvertreter mundtot machen.
Eine Kapitulation, kein Statement
Die Ausstellung ist keine Erweiterung der Debatte über Medienfreiheit, sondern deren Verflachung. Sie arbeitet mit Symbolen, die laut sind, aber leer. Sie will provozieren, aber landet im Kindischen. Und sie gibt vor, für die Freiheit einzustehen, während sie in Wahrheit deren Gegner imitiert: Abschottung, Regelwut, Eitelkeit.
