01. August, 2025

Quartalszahlen

Boeing halbiert Verlust – doch die alte Krise ist noch nicht vorüber

Nettoverlust schrumpft auf 612 Mio. $, starke Auslieferungen treiben Umsatz. Doch FAA-Warnung, Lieferengpässe und regulatorische Risiken trüben den Optimismus.

Boeing halbiert Verlust – doch die alte Krise ist noch nicht vorüber
Die Zahlen steigen, das Vertrauen nicht: Boeing halbiert zwar den Verlust, steht aber weiter unter Beobachtung – nach Pannen, Rückrufen und drohenden Streiks.

Rückkehr auf Raten

Boeing hat im zweiten Quartal einen Nettoverlust von 612 Millionen Dollar verbucht – deutlich weniger als die 1,44 Milliarden im Vorjahr. Möglich gemacht haben das vor allem steigende Auslieferungszahlen: Von April bis Juni wurden 150 Verkehrsflugzeuge ausgeliefert – im Vorjahreszeitraum waren es gerade einmal 92. Der Umsatz schnellte um satte 35 Prozent auf 22,75 Milliarden Dollar.

Boeing Reports Second Quarter Results
Second Quarter 2025 737 production reached 38 per month in the quarter Revenue increased to $22.7 billion primarily reflecting 150 commercial deliveries GAAP loss per share of ($0.92) and core loss per share (non-GAAP)* of ($1.24) Operating cash flow of $0.2 billion and free cash flow (non-GAAP)* of ($0.2) billion Total company backlog grew to $619 billion, including over 5,900 commercial airplanes Table 1. Summary Financial Results Second Quarter First Half (Dollars in Millions, except per share data) 2025 2024 Change 2025 2024 Change Revenues

Konzernchef Kelly Ortberg spricht von „operativer Stabilisierung“. Tatsächlich scheint sich Boeing langsam aus der Krise zu schälen – zumindest, was die Stückzahlen betrifft.

Das Unternehmen plant, die Produktion der 737 Max von aktuell 38 auf 42 Flugzeuge pro Monat zu erhöhen – sofern die Qualitätskennzahlen stimmen und die US-Luftfahrtaufsicht FAA zustimmt. Die Fertigung des Langstreckenmodells 787 wurde bereits von fünf auf sieben Flugzeuge im Monat ausgeweitet.

Quelle: Eulerpool

Wachstum mit Warnlampe

Die FAA hatte die Produktion der 737 Max im Frühjahr gedrosselt – wegen Qualitätsproblemen, bei denen sich etwa ein Türpaneel während eines Fluges löste. Auch wenn Boeing die betroffenen Maschinen schnell überprüfte, bleibt das regulatorische Vertrauen brüchig.

Quelle: Eulerpool

Eine Ausweitung der Produktion wird erst genehmigt, wenn Lieferantenstruktur, Qualitätssicherung und Dokumentation lückenlos überzeugen.

Hinzu kommt: Arbeitskämpfe in mehreren Bundesstaaten drohen. Tausende Gewerkschaftsmitglieder haben jüngst neue Tarifangebote abgelehnt. Ein Streik ist möglich – und würde die mühsam zurückeroberte Produktionsstabilität gefährden.

Der Auftragspolster wächst, die Zweifel auch

Boeings Auftragsbestand ist beeindruckend: Mehr als 600 Milliarden Dollar. Allein im ersten Halbjahr kamen über 600 neue Bestellungen hinzu. Doch große Auftragsbücher allein genügen nicht – entscheidend ist, ob der Konzern sie verlässlich und pünktlich bedienen kann.

Quelle: Eulerpool

Genau daran hat Boeing zuletzt mehrfach gescheitert. Fehlende Teile, Zulieferprobleme und Sicherheitsrückrufe haben den Ruf des einstigen Vorzeigeunternehmens beschädigt.

Zudem brodelt es geopolitisch: Handelskonflikte, Exportbeschränkungen und die Rolle Chinas als potenzieller Käufer oder Konkurrent stellen strategische Risiken dar. Auch die Konkurrenz aus Europa schläft nicht – Airbus produziert auf Rekordniveau und profitiert von einem robusten Ruf.

Solider Quartalsbericht – auf wackeliger Grundlage

Boeings Aktie legte nach den Zahlen zunächst zu – doch das Momentum bleibt fragil. Der Markt preist derzeit vor allem die Hoffnung auf eine Rückkehr zur Normalität ein.

Doch in Wahrheit ist Boeing noch immer ein Konzern im Umbau: mit Nachwehen aus der Max-Krise, einem misstrauischen Regulator, verunsicherten Kunden und einer Belegschaft am Limit.

Ob Ortbergs Produktionsversprechen eingehalten werden können, entscheidet sich nicht an der Börse, sondern in den Werkshallen – und in den Kontrollbüros der FAA. Die kommenden Monate werden zeigen, ob Boeing die Kurve nachhaltig bekommt. Vorerst gilt: Fortschritt ja, aber Entwarnung nein.

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